Die Problemlage in den USA
Bereits vor knapp drei Jahren warnte die amerikanische Aufsichtsbehörde FDA vor tödlichen das Herz betreffenden (“kardialen”) Nebenwirkungen durch Fehlgebrauch oder Missbrauch von Loperamid. Durch die falsche Einnahme werden potenziell lebensbedrohliche und mit hoher Pulsfrequenz einhergehende (tachykarde) Herzrhythmusstörungen (z.B. QTc-Verlängerung, Torsade-de-Pointes-Tachykardie, ventrikuläre Arrhythmien) hervorgerufen. Auch Beeinträchtigungen des zentralen Nervensystems sind möglich. In den USA wurde deutlich, dass Patienten absichtlich überhöhte Dosen eingenommen haben, um beispielsweise Symptome eines Opioidentzuges selbst zu behandeln oder um Euphoriegefühle hervorzurufen. Meist wird das Arzneimittel dann auch noch mit anderen Substanzen kombiniert eingenommen, um die Resorption zu erhöhen oder den Abbauprozess zu verlangsamen.
Das ist die Lage in Deutschland – Loperamid-Einsatz in Deutschland
Loperamid ist ein Medikament, das normalerweise zur Behandlung von Durchfall (“Diarrhoe”) eingesetzt wird. Es ist in Deutschland zwar verschreibungspflichtig, kann aber unter einigen Bedingungen auch rezeptfrei erworben werden. So beispielsweise
- bei akutem Durchfall
- in festen Zubereitungen zur oralen Anwendung
- in Tagesdosen bis zu 12 mg und in Packungsgrößen bis zu 24 mg
- wenn angegeben ist, dass die Anwendung auf Erwachsene und Kinder ab dem vollendeten 12. Lebensjahr beschränkt ist.
Die Höchstdosis beträgt für Erwachsene 12 mg pro Tag und sollte nicht länger als 3 Tage angewendet werden. Loperamid sollte aufgrund der Nebenwirkungen nicht ohne ärztliche Rat eigenständig höher dosiert werden.
BfArM nimmt Missbrauchspotential ernst
Auch dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) liegen ähnliche Hinweise auf ein Missbrauchspotential in Deutschland vergleichbar dem in den USA vor. Demnach soll Loperamid in Kombination mit Chinin in der Drogenszene eingesetzt werden. Chinin wurde unter anderem aus diesem Grund 2016 der Verschreibungspflicht unterstellt.
Der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft lagen im Zeitraum 2013 bis 2015 insgesamt vier Verdachtsfälle zur missbräuchlichen Anwendung von Loperamid vor. Es wird empfohlen, Patienten auf die bestimmungsgemäße Anwendung und Dosierung von Loperamid bei Durchfall hinzuweisen, damit es nicht zu einer (un-)beabsichtigte Überdosierungen kommt.
Ausgehend von den amerikanischen Warnungen ist nun auf europäischer Ebene zu Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Loperamid und der Wirkstoffkombination Loperamid/Simeticon ein Bewertungsverfahren auf Basis der periodischen Sicherheitsberichte (PSUR) durchgeführt worden. Nach eingehender Überprüfung der Fachliteratur sowie der eingegangenen Nebenwirkungsmeldungen ist die Kommission zu dem Schluss gelangt, dass ein Zusammenhang zwischen Loperamid und kardialen (das Herz betreffenden) Nebenwirkungen nicht ausgeschlossen werden kann.
Ab Mai bzw. Juni müssen daher die Beipackzettel und Fachinformationen folgendermaßen durch die Hersteller ergänzt werden:
„_Bei Personen mit Überdosierungen von Loperamid wurden kardiale Ereignisse, wie QT-Intervallverlängerung und Verlängerung des QRS-Komplexes, Torsades de pointes, sonstige schwere ventrikuläre Arrhythmien, Herzstillstand und Synkopen (Synkope – eine durch Unregelmäßigkeit des Herzschlags ausgelöste vorübergehende Bewusstlosigkeit), beobachtet. Auch über Todesfälle wurde berichtet_.“
Melden Sie Ihre Nebenwirkung
Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Loperamid (auch unter der empfohlenen Dosierung) oder mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie die jüngsten Sicherheitshinweise zu Loperamid wirkungsvoll zeigen.
Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.