Immer wieder weisen Experten auf den leichtfertigen Einsatz von Antibiotika hin. Die Gefahr, die sich dahinter verbirgt, ist neben der Belastung für den Körper (insbesondere den Darm) vor allem die Entstehung von Resistenzen bei ganzen Bakterienstämmen sowie das Auftreten schwerer Nebenwirkungen. Resistenzen reduzieren die Wirksamkeit eines Antibiotikums oder machen es im schlimmsten Fall völlig wirkungslos. Auch in den USA ist das ein großes Problem.
43 % aller Antibiotika-Verordnungen sind unangemessen
Eine umfangreiche Studie aus den USA kommt zu dem Ergebnis, dass 43 % aller Verordnungen ohne Angabe eines Einnahmegrundes (Indikation) geschehen. Wissenschaftler haben von fast einer Milliarde (990,8 Millionen) Patientenbesuchen im Jahr 2015 eine Stichprobe von 28.300 ausgewertet.
Wann ist die Gabe eines Antibiotikums angemessen?
Ob diese Antibiotikagaben gerechtfertigt waren oder nicht, wurde anschließend von den Experten bewertet. Als Grundlage hierfür dienten die sogenannten ICD-9-CM-Codes, die die weltweit einheitliche Klassifikation von Krankheiten ermöglichen. Lag beispielsweise eine bakterielle Infektion oder eine andere Krankheit vor, bei der immer oder manchmal ein Antibiotikum verschrieben werden sollte, galt die Gabe als angemessen. Die Verschreibung eines Antibiotikums wurde als unangemessen eingestuft, wenn das Medikament verschrieben wurde, obwohl laut Codierung entweder kein medizinisch gerechtfertigter Grund für die Gabe vorlag (z.B. bei “Infekten der oberen Atemwege”) oder überhaupt kein Grund angegeben wurde.
Die Ergebnisse der Antibiotika-Studie
Im Jahr 2015 gab es laut Studienergebnissen in den USA etwa 130 Millionen Antibiotika-Verordnungen. 57% der Verordnungen waren angemessen. Bei 25 % war laut den zugrunde gelegten Kriterien die Verordnung unangemessen oder zumindest zweifelhaft, bei 18 % war überhaupt kein Grund zur Einnahme angegeben worden. In konkreten Zahlen bedeutet das: 56 Millionen Rezepte wurden also ausgestellt, ohne dass eine Antibiotikatherapie angemessen und medizinisch begründbar gewesen wäre.
Besonders erschreckend: Die häufigsten Verordnungen eines Antibiotikums ohne angegebene medizinische Indikation erfolgte bei Patienten mit Grunderkrankungen wie nicht näher spezifiziertem Bluthochdruck oder Diabetes. Auch zur Behandlung von unspezifischen Symptomen, die auf eine Harnwegsinfektion hindeuten könnten, kamen sie häufig zum Einsatz – obwohl man inzwischen um die damit verbundenen, gravierenden Risiken weiß.
Warum kann ein unbedachter Einsatz eines Antibiotikums schlecht sein?
Antibiotika sind eine wirksame Waffe gegen bakterielle Erkrankungen. Seit der zufälligen Entdeckung des Penicillins im Jahr 1928 kennt die Medizin eine große Anzahl verschiedener Antibiotika, die in unterschiedliche Antibiotika-Klassen eingeteilt werden. In vielen Fällen sind sie für die Therapie von bestimmten Krankheiten unverzichtbar, wie beispielsweise bei einer Lungenentzündung.
Allerdings nehmen seit Jahren nun auch die Resistenzen zu: Schon viele Bakterienstämme reagieren kaum oder gar nicht mehr auf bestimmte Antibiotika. Es wird immer schwieriger, gegen solche Problemkeime, die lebensbedrohende Infektionen hervorrufen können, eine noch wirksame Waffe zu finden. Diese Problematik ist nicht zuletzt dem vorschnellen und unangemessenen Einsatz von Antibiotika bei zweifelhaften Indikationen geschuldet.
Weitere Gründe: Nebenwirkungen!
Die unangemessene Einnahme eines Antibiotikums stellt für den Körper auch eine unnötige Belastung dar. Insbesondere der Darm trägt schwer an den Folgen, denn Antibiotika unterscheiden nicht zwischen den “guten” Darmbakterien und den “schlechten” Krankheitserregern.
Des Weiteren haben viele Antibiotika starke Nebenwirkungen. Seit einigen Jahren geht der Fall der Fluorchinolone durch die Presse, die selbst bei nur kurzzeitiger Einnahme starke Schädigungen an Muskeln, Gelenken oder dem Nervensystem bewirken können – Probleme, die jahrelang andauern und Betroffene stark in der Lebensqualität und im Alltag und sogar in ihrer Berufsfähigkeit einschränken.
Ein Antibiotikum sollte immer nur nach einer sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung verordnet werden. Häufig überwindet der Körper unkomplizierte bakterielle Infektionen auch ohne die Einnahme eines Antibiotikums, wenn man ihm nur genügend Ruhe gönnt. Nehmen Sie daher auch nicht auf eigene Faust Antibiotika ein, die vielleicht von einer früheren Verordnung noch übrig geblieben sind!
Melden Sie Ihre Nebenwirkungen!
Ihre Mitarbeit ist wichtig! Selbst Jahre nach der Zulassung sind längst nicht alle Nebenwirkungen bekannt. Wann immer Sie den Verdacht haben, an Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen unter der Einnahme von Medikamenten zu leiden, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zukünftig zu aktualisieren, wie etwa die Rote-Hand-Briefe wirkungsvoll zeigen.
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