Beipackzettel von Zuchtblutegel einsehen

Art und Weise

  • Die Anwendung des medizinischen Blutegels, d. h. eine erfolgreiche und möglichst komplikationslose Behandlung, gelingt ohne besonderen Aufwand, wenn folgende Punkte beachtet werden:
    • 1. Aufbewahrung der Blutegel:
      • Grundsätzlich sind die Tiere an einem ruhigen kühlen Ort dunkel und möglichst frei von Erschütterungen aufzubewahren. Im Sommer kann es empfehlenswert sein, die Egel in den Kühlschrank zu stellen; die Temperatur darf dann aber nicht unter 8° C sinken. Die Tiere dürfen nicht dem direkten Sonnenlicht ausgesetzt werden. Erschütterungen, Licht und höhere Temperaturen versetzen die Tiere in Unruhe; sie schwimmen und kriechen dauernd umher und verlieren dadurch an Kraft und Sauglust.
      • In unseren Plastikbechern können die Tiere maximal 36 Stunden aufbewahrt werden; anschließend sind sie zu entnehmen und in ein Aufbewahrungsgefäß zu verbringen. Hierzu eignen sich Einmachgläser oder ähnliche durchsichtige Behälter, die eine leichte Kontrolle des Wassers und der Tiere erlauben.
      • Man rechnet auf 1 Blutegel ca. 50 ml Wasser. Achten Sie darauf, daß ausreichend Luft (ca. 5 cm) über dem Wasser verbleibt; Gefäße also nur zu einem Drittel auffüllen. Bei ausreichendem Luftvorrat muß der Deckel nicht durchlöchert sein.
      • Sofern nicht sichergestellt ist, daß das Leitungswasser frei von Chlor und Kupferionen ist, empfehlen wir, kohlensäurearmes Mineralwasser ("stilles Wasser", z. B. Volvic).
      • Das Wasser sollte nicht zu häufig gewechselt werden, da das die Tiere beunruhigt. Eine leichte Grün oder Braunfärbung stammt vom Kot der Tiere und ist ein gutes Zeichen.
      • Tote Tiere sind stets sofort zu entfernen.
      • Die Tiere benötigen keine Nahrung; sie können monatelang hungern.
    • 2. Vorbereitung der Blutegel
      • Die Tiere werden ca. 1/2 Stunde vor dem Ansetzen mit einer weichen Pinzette aus dem Aufbewahrungsgefäß entnommen und in frischem Wasser an einen hellen Ort bei Raumtemperatur gebracht. Werden die Tiere direkt aus den Plastikbechern entnommen und angesetzt, so ist vorher unbedingt das Wasser zu erneuern; man kann die Egel auch in einem Sieb mit Wasser abspülen.
    • 3. Vorbereitung des Patienten und Ansetzen der Egel
      • Die Behandlung erfolgt am besten morgens, damit der Verband, der nach dem Ansetzen der Egel angelegt wird, vor der Nachtruhe nochmals gewechselt werden kann. Der Patient sitzt oder liegt während der Behandlung möglichst bequem und entspannt in einem nicht zu hellen Raum. Die Hautstellen, an denen die Egel ansaugen sollen, werden mit Wasser ohne Seife gewaschen und abgerieben.
      • Wurden Cremes oder Salben angewandt, so sind die Reste sorgfältig zu entfernen. Die Verwendung stark riechender Seifen und die mangelhafte Entfernung von Einreibungen sind die häufigste Ursache für ein schlechtes Anbeißen.
      • Um das Anbeißen zu fördern, empfiehlt es sich, den betreffenden Hautbezirk ggf. mit einer heißen Kompresse zu erwärmen. Die Egel saugen dann in der Regel sofort an. Um den Egel ganz genau an eine bestimme Stelle zu setzen, kann man dort die Haut mit einer Lanzette ritzen. Der austretende Blutstropfen bewirkt ein spontanes Ansaugen. Um den Blutegel an die richtige Stelle zu dirigieren, setzt man ihn in ein Gefäß mit kleiner Öffnung; an Stelle des häufig empfohlenen Schnapsglases bevorzugen wir ein kurzes Zentrifugenglas oder auch eine Einmalspritze (5 ml), deren Vorderende man absägt. Letztere hat zusätzlich den Vorteil, daß man den Egel mit dem Spritzenstempel vorsichtig herausschieben kann.
      • Haben die Egel angebissen, so deckt man sie mit einem Tuch ab und bittet den Patienten, auf das Loslassen der Tiere zu achten. Es empfiehlt sich, den Bereich, in dem die Egel saugen, mit wasserdichter Folie und saugfähigem Material zu unterlegen (Babywindel!), mit dem das nachlaufende Blut aufgefangen wird.
      • In Abhängigkeit von der Durchblutung der Ansatzstelle dauert das Saugen zwischen 20 und 60 Minuten. Es empfiehlt sich, abzuwarten, bis die Egel von selbst loslassen und vollgesogen abfallen.
      • Will man das Saugen vorzeitig beenden, löst man den vorderen Saugnapf unter seitlichem Druck vorsichtig mit einem Spatel. Auf keinen Fall darf der saugende Egel gewaltsam mit einer Pinzette oder von Hand abgezogen werden, da dann Kieferreste in der Wunde zurückbleiben können, was zu Entzündungen führen kann. Die abgefallenen Egel sind sofort zu verwahren, da sie beim Herumkriechen oft Blut abgeben und Liege usw. verschmutzen.
      • Egel, die an einem Patienten gesaugt haben, sind zu töten (kochendes Wasser, Spiritus, Tiefgefrieren). Es gilt ein Wiederverwendungsverbot.
    • 4. Nachsorge
      • Nach dem Abfallen der Egel lässt man die Wunde noch einige Zeit nachbluten, um den positiven Effekt eines Aderlasses zu nutzen. Anschließend werden die Bißstellen mit Tupfern und Verbandmull abgedeckt. Um eine Verunreinigung der Kleidung zu vermeiden, kann der Verband mit einer Plastikfolie zusätzlich abgedeckt werden. Soll die Nachblutung rascher beendet werden, so ist ein Kompressionsverband anzulegen.
      • Es empfiehlt sich, die Bißwunden am nächsten Tag zu kontrollieren.
      • Eine leichte fingernagelgroße Rötung um die Bißstelle stellt eine normale Reaktion auf den Saugakt dar. Sollte es zu stärkeren Entzündungen kommen, so sprechen diese auf die üblichen therapeutischen Maßnahmen, z. B. feucht-kalte Umschläge, Entzündungshemmer, Antibiotika (s.o.), meist rasch an.

Dosierung

  • In der Regel werden 3 bis 5 Blutegel im Abstand von 1 bis 2 cm an den betroffenen Partien angesetzt; im Bedarfsfall auch mehr (8 bis 12).

Indikation

  • Der Biß des medizinischen Blutegels wirkt entzündungshemmend (antiinflammatorisch), gerinnungshemmend (antithrombotisch) und lymphstrombeschleunigend. Das vom Egel direkt aufgenommene Blut und die nachfolgende Sickerblutung aus der Bißwunde haben die Wirkung eines Aderlasses. Mit dem Blutegel ist ein Blutentzug aus dem Kapillarbett möglich; was in der plastischen Chirurgie therapeutisch genutzt wird.
  • Der medizinische Blutegel wird traditionell angewandt bei oberflächlicher Venenentzündung (Thrombophlebitis), Ödemen, Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris), Blutergüssen (Hämatomen), Hämorrhoiden, Analvenenthrombose, Furunkeln und Karbunkeln, Priapismus, sowie überall dort, wo im Sinne einer allgemeinen Entlastung Ausleitung und Aderlaß angestrebt werden. Darüber hinaus wird über einen erfolgreichen Einsatz berichtet bei Mittelohrentzündung (Ansatz hinter dem Ohr), Nebenhöhlenentzündung (Sinusitis, Ansatz direkt über der schmerzhaften Stirn- oder Kieferhöhle), Adnexitis, Hodenentzündungen, Schleimbeutelentzündungen, Prostataentzündung (insbesondere chronischen Formen), bei Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises, Arthrosen und Arthritiden.
  • Blutegel werden in der plastischen und Unfallchirurgie eingesetzt, um die Zirkulation in Transplantaten oder verletzten Körperteillen wieder in Gang zu setzen und zu verbessern.

Kontraindikation

  • Der medizinische Blutegel sollte nicht angewandt werden bei Blutgerinnungsstörungen, bei Personen mit Anämien, ausgeprägter Immunschwäche oder Patienten, die unter immunsuppressiver Therapie stehen.
  • Bei Patienten, die Antikoagulantien einnehmen (Heparinpräparate, ASS, Marcumar), ist mit längeren Nachblutungszeiten zu rechnen; diese Präparate sind daher nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gegebenenfalls vorher abzusetzen bzw. in der Dosierung zu reduzieren und die Nachblutung ist ausreichend lang zu überwachen.
  • Allergien gegen Inhaltsstoffe des Schleims und des Speichels des Blutegels können auftreten und eine weitere Anwendung ausschließen.

Nebenwirkungen

  • Nach dem Ansetzen von Blutegeln kann es an der Bißstelle zu Entzündungen kommen; vereinzelt sind auch allergische Reaktionen beschrieben worden. Es ist darauf zu achten, daß die Egel nicht gewaltsam während des Saugens entfernt werden, da dann evtl. Kieferteile zurückbleiben und zu Entzündungen führen können; auch kann dadurch ein Erbrechen des Darminhaltes ausgelöst werden, was das Risiko der Übertragung des im Darm lebenden Bakteriums Aeromonas hirudinis erhöht.
  • Zur Behandlung einer solchen Infektion empfehlen sich Cephalosporine der 3. Generation oder Gyrasehemmer. Exzessive Anwendung kann zu starkem Blutverlust und Anämien führen.

Patientenhinweis

  • Warnhinweis:
    • Beim Ansetzen in der Nähe von Körperöffnungen ist darauf zu achten, daß die Tiere nicht in diese abwandern können, was durch Fixieren mit einem umgestülptem Glas oder ähnlichem gelingt. Auf Anweisung des BfArM machen wir darauf aufmerksam, daß bei der Anwendung von Blutegeln eine Übertragung von Erregern einer Infektionskrankheit auch unbekannter Natur nicht völlig auszuschließen ist. Vor jeder Anwendung ist daher stets abzuwägen, ob nicht der Einsatz therapeutischer Alternativen angezeigt ist. Während unseres jahrzehntelangen Umgangs mit Blutegeln sind uns bis heute keine ernsthaften Komplikationen bekannt geworden, sofern die nachfolgend aufgeführten Hinweise beachtet wurden. Das Risiko einer Infektion durch den wasserbewohnenden Blutegel halten wir für wesentlich geringer als das durch blutsaugende Insekten und Zecken in freier Natur. Dies gilt insbesondere für unsere gezüchteten Tiere.

Schwangerschaftshinweis

  • keine Therapiehinweise vorhanden.

Wechselwirkungen

  • Wechselwirkungen mit anderen Mitteln:
    • Bei der Einnahme von Antikoagulantien (Heparin, Marcumar) und sog. Blutverdünnern (ASS) kann die Gerinnungsfähigkeit des Blutes so weit herabgesetzt sein, daß es zu erheblich verlängerten Nachblutungen aus den Bißwunden kommt.
    • Diese Medikamente sind daher vor der Blutegelbehandlung abzusetzen, in der Dosierung zu reduzieren oder es muß auf die Blutegelbehandlung verzichtet werden. Die Wirkung von Antikoagulantien kann verstärkt werden.

Nebenwirkungen persönlich erfahren? Das ist keine Seltenheit.

Auch 12 Jahre nach Marktzulassung sind nicht alle Nebenwirkungen eines Medikaments bekannt. Deshalb ist die Mitarbeit von Ihnen als Patient umso wichtiger. Jeder 2. Patient hat Nebenwirkungen, allerdings werden in Deutschland nur 1 % aller Nebenwirkungen offiziell erfasst. 

Achten Sie auf Ihr Wohlbefinden und melden Sie Ihre Erfahrung, denn Sie kennen Ihren Körper am besten. Das bewirkt Ihre Meldung:

  • Risiken schneller erkennen
  • Beipackzettel aktualisieren
  • Mitmenschen schützen

Je mehr Informationen berichtet werden, desto besser kann das tatsächliche Risiko erkannt werden. 

Sie leiden auch an Nebenwirkungen?

Melden Sie Ihre Erfahrung - in nur 2 Minuten.