Darzalex (Daratumumab): Risiko der Reaktivierung von Hepatitis B

Darzalex (Daratumumab): Risiko der Reaktivierung von Hepatitis B

Rote-Hand-Briefe – was ist das eigentlich? 

Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen. So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.

Liebe Patientin, lieber Patient,

lesen Sie hier neue pateintenfreundliche Hinweise vom Zulassungsinhaber Janssen-Cilag International aus dem Rote-Hand-Brief vom 17.Juni 2019: “Darzalex (Daratumumab): Risiko der Reaktivierung von Hepatitis B”.

Worum geht es?

Darzalex (Wirkstoff Daratumunab) ist ein sogenannter monoklonaler Antikörper. Monoklonale Antikörper sind von identischen Immunzellen gebildete Antikörper, welche aus ein und derselben Mutterzelle geklont wurden. Bei Darzalex handelt es sich um ein modernes biomedizinisches Arzneimittel, das unter bestimmten Voraussetzungen alleine oder in Kombination mit anderen speziellen Medikamenten zur Behandlung eines Tumors im Knochenmark (Multiplen Myeloms) eingesetzt wird. Das Medikament ist seit 2016 zugelassen.

Das Multiple Myelom, auch Morbus Kahler oder Plasmozytom genannt, ist eine insgesamt seltene bösartige Erkrankung, gehört aber zu den häufigsten Tumoren von Knochen und Knochenmark. Es zählt zur Gruppe der sogenannten Non-Hodgkin-Lymphome (NHL), bösartige Tumore, die das Lymphgewebe befallen. Es gibt eine Vielzahl verschiedener Formen von NHL mit unterschiedlichen Prognosen. Etwa sechs bis acht Neuerkrankungen pro 100.000 Einwohner werden jährlich verzeichnet. Typischerweise treten bei dem Tumor mehrere (multiple) Tumorherde im Knochenmark auf. Ist nur ein einzelner Tumor vorhanden, spricht man von einem Plasmozytom.

Wie der Name Plasmozytom schon andeutet, handelt es sich um eine bösartige Entartung der Plasmazellen, die eine wichtige Rolle im körpereigenen Immunsystem spielen, indem sie Antikörper gegen Infektionserreger (Bakterien, Viren) produzieren. Durch die Erkrankung gerät die Vermehrung dieser Plasmazellen im Knochenmark außer Kontrolle, und die Bildung der Antikörper wird unterdrückt. Durch die unkontrollierte Vermehrung der entarteten Plasmazellen wird das Wachstum der gesunden blutbildenden Zellen im Knochenmark gehemmt. So entsteht ein Mangel an gesunden roten und weißen Blutkörperchen. Dadurch leiden die Patienten an Müdigkeit, Schwäche und einer erhöhten Anfälligkeit für Infektionskrankheiten, beispielsweise auch für die Leberentzündung durch das Hepatitis-B-Virus (HBV).

Neuartiges Medikament benötigt eine zusätzliche Überwachung
Als neuartiges Medikament unterliegt Darzalex (Daratumumab) einer zusätzlichen Überwachung. Diese ermöglicht eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über mögliche, bisher noch unerkannte Risiken für die mit einem solchen neuartigen Medikament behandelten Patienten.

Im Rahmen dieser besonderen Überwachung wurden die Daten aus klinischen Studien und Meldungen von Nebenwirkungen von Darzalex (Daratumumab) übergreifend ausgewertet. Dabei wurden Fälle entdeckt, bei denen es unter der Behandlung mit Darzalex zur Reaktivierung einer Hepatitis B gekommen war. Das heißt: Patienten, die in der Vergangenheit eine Infektion mit Hepatitis-B-Viren erlitten, diese aber überstanden und keine Krankheitssymptome einer Leberentzündung hatten (= inaktive Hepatitis), erkrankten plötzlich erneut an akuter Leberentzündung (= reaktivierte Hepatitis). Die meisten Krankheitsverläufe waren nicht-schwerwiegend, und die Therapie mit Darzalex (Daratumumab), die man vorsorglich unterbrochen hatte, konnte nach erfolgreicher Behandlung der wieder-aufgeflammten Leberentzündung fortgesetzt werden. Aber es gab auch vereinzelt schwerwiegende Erkrankungsbilder und sogar mit tödlichem Ausgang.

Die Mehrzahl der Fälle mit Hepatitis-B-Reaktivierung war in den ersten sechs Monaten der Behandlung mit Darzalex (Daratumumab) beobachtet worden.

Die Patienten, welche unter der Behandlung mit Darzalex (Daratumumab) eine Reaktivierung ihrer Hepatitis-B erlitten, hatten folgende Gemeinsamkeiten, die als mögliche Risikofaktoren angesehen werden:

  • Eine frühere autologe Stammzellentransplantation (ASCT). Bei der autologen Transplantation werden dem Patienten eigene Knochenmark- oder eigene Blutstammzellen übertragen, die ihm zuvor, in der Phase der Remission, entnommen wurden.
  • Gleichzeitige und/oder früher durchgeführte immunsuppressive Therapien, die das Immunsystem unterdrücken (z.B. mit einem “Kortison”-Präparat wie Prednison oder Dexamethason)
  • Die Herkunft (oder Einwanderung) aus Regionen, in denen Leberentzündungen durch Hepatitis-B-Viren häufig vorkommen (Süd-Ost-Europa, Asien, Afrika, insbesondere West-Pazifik-Region)

Ob die Behandlung mit Darzalex (Daratumumab) tatsächlich die Ursache für das Wiederaufflammen der Leberentzündung war, konnte durch die Datenauswertung nicht geklärt werden. Denn die Patienten haben aufgrund des Multiplen Myeloms ohnehin ein schlecht funktionierendes Immunsystem und hatten in einigen Fällen auch weitere Arzneimittel erhalten, die selbst schon mit Virus-Reaktivierung in Verbindung gebracht werden.

Da ein ursächlicher Zusammenhang mit Darzalex (Daratumumab) aber auch nicht ausgeschlossen werden kann, informiert der Zulassungsinhaber Janssen-Cilag in Absprache mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Paul-Ehrlich-Institut PEI, der Bundesbehörde in Deutschland für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel, über dieses mögliche Risiko der Reaktivierung einer vorbestehenden inaktiven Hepatitis B und aktualisiert entsprechend die Produktinformation und Packungsbeilage von Darzalex (Daratumumab).

Was ist zu tun?

Der Zulassungsinhaber Janssen-Cilag International bittet Ärzte und medizinisches Fachpersonal, folgende Hinweise zu beachten:

Vor Beginn einer Behandlung mit Darzalex (Daratumumab) soll der Hepatitis-B-Virus-Status (Antikörpertiter) bestimmt werden. Patienten, die aktuell bereits mit Darzalex behandelt werden und bei denen der Hepatitis-B-Virus-Status unbekannt ist, sollen ebenfalls getestet werden.

Patienten, bei denen das Vorliegen einer früher durchgemachten Infektion mit Hepatitis-B-Virus nachgewiesen wurde (= positive HBV-Serologie) können mit Darzalex (Daratumumab) behandelt werden, sollen aber während der Therapie und für mindestens sechs Monate danach überwacht werden. Bei dieser Überwachung werden klinische Anzeichen und Laborwerte kontrolliert, die auf eine Hepatitis-B-Reaktivierung hindeuten können. Gegebenenfalls sind medizinische Experten zur Behandlung der reaktivierten Leberentzündung hinzuzuziehen.

Für den Fall, dass es bei Patienten unter Therapie mit Darzalex (Daratumumab) zu einer Hepatitis-B-Reaktivierung kommt, soll die Behandlung mit Darzalex unterbrochen und ein medizinischer Experte für die Behandlung der Leberentzündung hinzugezogen werden.

Wenn die akute Phase der Leberentzündung durch entsprechende medizinische Behandlung wieder abgeklungen sind, kann in Absprache mit den Leberspezialisten die Fortsetzung der Behandlung mit Darzalex (Daratumumab) erwogen werden.

Außerdem: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Darzalex (Dartaumumab) oder auch mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie die Rote-Hand-Briefe wirkungsvoll zeigen.

Der Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

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