Nebenwirkungen bei Domperidon (Motilium®)

Nebenwirkungen bei Domperidon (Motilium®)

Rote-Hand-Briefe – was ist das eigentlich? 

Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen. So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.

Beachten Sie neue Hinweise:

Lesen Sie hier welche Nebenwirkungen zu Domperidon gemeldet und welche Anwendungsgebiete eingeschränkt wurden.

Liebe Patientin, lieber Patient,

lesen Sie hier unseren patientenfreundlichen Warnhinweis zur “Minimierung kardialer Risiken bei der Anwendung von Domperidon”. Grund dafür sind die Ergebnisse der jüngsten Überprüfung der Nutzen-Risiko-Bewertung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) und das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM).

Bereits im Jahr 2014 berichteten die Behörden von schwerwiegenden, das Herz betreffenden (“kardialen”) Nebenwirkungen. Beobachtet wurden potenziell lebensbedrohliche und mit hoher Pulsfrequenz einhergehende (tachykarde) Herzrhythmusstörungen (wie QTc-Verlängerung, Torsade-de-Pointes-Tachykardien, ventrikulären Arrhythmien) sowie das Auftreten von plötzlichem Herztod im Zusammenhang mit der Einnahme von Domperidon. Eine Welle von Nebenwirkungsmeldungen hatte ein europaweites Verfahren zur Neubewertung der kardialen Risiken in Relation zum Nutzen ins Rollen gebracht und schon damals zu Einschränkungen des Anwendungsgebietes, der empfohlenen Tageshöchstdosis und der Anwendungsdauer sowie zu strengeren Anwendungsverboten (“Kontraindikationen”) von Domperidon geführt.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Allerdings hat eine Studie zur Überprüfung der Einhaltung dieser Sicherheitsmaßnahmen gezeigt, dass nicht alle verordnenden Ärzte hinreichend mit den Empfehlungen und Anwendungsbeschränkungen von 2014 vertraut sind. Mit dieser erneuten Warnung möchten daher die pharmazeutischen Unternehmen, die den Wirkstoff Domperidon auf den Markt bringen, in Abstimmung mit dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nochmals das Bewusstsein der Ärzte für die möglichen kardialen Gefahren von Domperidon schärfen und an die Anwendungsbeschränkungen zur Verringerung des Risikos schwerwiegender, lebensbedrohlicher und sogar tödlicher Herzrhythmusstörungen erinnern.

Worum geht es?

Domperidon ist ein so genannter Dopamin-Rezeptor-Antagonist und zählt zu den wichtigsten Mitteln zur Behandlung von Erbrechen, Übelkeit, Völlegefühl und Oberbauchschmerzen. Er beschleunigt die Magenentleerung in Richtung Darm (prokinetische Wirkung) und entlastet dadurch den Magen.

Die kürzlich abgeschlossene Überprüfung bestätigte erneut, dass mit der Anwendung Domperidon-haltiger Arzneimittel ein erhöhtes Risiko für Herzrhythmusstörungen einhergeht: darunter fallen eine Verlängerung der Dauer der elektrischen Erregung der Herzkammern (sog. QTc-Verlängerung), potenziell lebensbedrohliche sog. Torsade-de-Pointes-Tachykardien (eine Sonderform der Kammertachykardie) sowie schwerwiegende Rhythmusstörungen der Herzkammern (ventrikuläre Arrhythmien) und der plötzliche Herztod. Ein erhöhtes Risiko wurde bei Patienten beobachtet, die

  • älter als 60 Jahre sind,
  • mehr als 30 mg Domperidon pro Tag einnehmen,
  • gleichzeitig QT-verlängernde Arzneimittel oder CYP3A4 Inhibitoren einnehmen.

Auf Grundlage dieser Daten wird angenommen, dass die Wirksamkeit von Domperidon zur Besserung der Symptome Übelkeit und Erbrechen erwiesen ist. Für andere Indikationen liegen aber keine gesicherten Kenntnisse vor. Das BfArM bewertet das Risiko-Nutzen-Verhältnis sogar negativ.

Es wird daher ausdrücklich empfohlen, Domperidon nur mit der niedrigsten wirksamen Dosis über den kürzest möglichen Zeitraum zur Besserung von Übelkeit und Erbrechen einzunehmen. Die Höchstdauer von einer Woche sollte nicht überschritten werden. Für Erwachsene und Jugendliche (≥ 35 kg) wird eine Dosis von 10 mg bis zu 3-mal täglich bei einer maximalen Tagesdosis von 30 mg empfohlen. Für Kinder unter 12 Jahren ist Domperidon in Deutschland nicht zugelassen.

Eine Anwendung von Domperidon darf nicht erfolgen bei Patienten, die…

  • an einer mäßigen oder schweren Leberfunktionsstörung leiden,
  • eine bestehende Verlängerung des kardialen Reizleitungsintervalls, insbesondere der QTc-Zeit haben,
  • signifikante Elektrolyt-Störungen aufweisen oder an einer Herzerkrankung (z. B. kongestive Herzinsuffizienz) als Grunderkrankung leiden,
  • gleichzeitig QTc-verlängernde Arzneimittel oder stark wirksame CYP3A4-Inhibitoren einnehmen.

Domperidon Nebenwirkungen währen der Stillzeit (“Off-Label-Use”)

Neben seiner positiven Wirkung als Mittel gegen Übelkeit und Erbrechen, regt Domperidon auch die Freisetzung von Prolaktin in der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) an. Diesen Begleiteffekt machen sich Frauenärzte zunutze und verschreiben Domperidon, um die Produktion der Muttermilch während des Stillens zu erhöhen. Dabei werden teilweise Mengen von bis zu 3 mal 30 mg täglich über einen Zeitraum von mehreren Monaten eingenommen.

_Als Off-Label-Use bezeichnet man die Verordnung und den Einsatz eines Medikamentes außerhalb des durch die Arzneimittelbehörden zugelassenen Gebrauchs. Dieser birgt ein erhöhtes Risiko für Nebenwirkungen in sich, da oft nur wenige kontrollierte Studien oder Fallzahlen für solche Anwendungen vorliegen, anhand derer sich ein therapeutischer Nutzen nachweisen ließe._

Was ist zu tun?

Die Einnahme von Domperidon sollte ausschließlich zur Besserung der Symptome Übelkeit und Erbrechen und mit der niedrigsten wirksamen Dosis erfolgen. Als Tagesdosis sollten 30 mg Domperidon nicht überschritten werden. Die Behandlung sollte nicht länger als eine Woche andauern.

Das Medikament darf nicht an Kinder unter 12 Jahren verabreicht werden.

Domperidon ist nicht geeignet zur Behandlung von Patienten mit mäßig oder erheblich ausgeprägten Leberfunktionsstörungen, Elektrolytstörungen (erhöhte oder erniedrigte Kaliumspiegel, Magnesiummangel) sowie zur Behandlung von Patienten mit vorbestehenden Herzerkrankungen, insbesondere solcher, die mit einer verlängerten Dauer der Erregungsleitung und -ausbreitung im Herzmuskel (messbar als QTc-Zeit im EKG) und mit verlangsamtem Herzschlag (Bradykardie) einhergehen, da hier das Risiko von bedrohlichen Herzrhythmusstörungen besonders hoch ist.
Eine gleichzeitige Einnahme von Domperidon mit QTc-verlängernden Arzneimittel oder stark wirksamen CYP3A4-Inhibitoren ist grundsätzlich zu vermeiden.
Zu den Arzneimitteln, welche das QTc-Intervall verlängern, zählen manche Medikamente zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen (Antiarrhythmika z.B. Chinidin, Amiodaron, Sotalol), Medikamente zur Behandlung von Psychosen (Antipsychotika z. B. Haloperidol), zur Behandlung von Depressionen (Antidepressiva z. B. Citalopram, Escitalopram), zur Behandlung von bakteriellen Infektionen (Makrolidantibiotika wie Erythromycin oder Fluorchinolone wie Levofloxacin), zur Behandlung von Pilzinfektionen (Antimykotika), Medikamente gegen Malaria, bestimmte Krebsmittel, Methadon (Substitutionsmittel bei Heroinentzug) und andere.
Das Enzym CYP3A4 spielt bei der Verstoffwechselung und dem Abbau von Arzneimitteln in der Leber eine wichtige Rolle. Domperidon wird in der Leber durch das Enzym CYP3A4 abgebaut. Chemische Stoffe, welche die Aktivität dieses Enzyms hemmen (“inhibitoren”), bewirken, dass sich der Abbau von Domperidon verzögert und wirksame Konzentrationen länger als erwartet im Blut vorhanden sind; dies führt zur Wirkstoffanhäufung (“Kumulation”) und letztlich zur Überdosierung, die mit einer zusätzlichen Steigerung des Gefahrenpotenzials von Domperidon verbunden ist.
Als stark wirksame CYP3A4-Inhibitoren gelten Makrolidantibiotika (Erythromycin, Clarithromycin) sowie Azol-Antimykotika (Fluconazol, Itraconazol, Voriconazol).

Wenn Sie im zeitlichen Zusammenhang mit der Einnahme von Domperidon Anzeichen oder Symptome einer Herzrhythmusstörung bemerken, sollten Sie die Einnahme von Domperidon beenden und sich an Ihren behandelnden Arzt wenden.

Falls Sie Ihr Baby stillen und Domperidon als milch-förderndes Medikament einnehmen, empfehlen wir Ihnen angesichts dieses erneuten Warnhinweises, die zulassungsüberschreitende Anwendung dieses Arzneimittels zeitnah mit Ihrem Frauenarzt zu besprechen und zu bedenken, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) das Nutzen-Risiko-Verhältnis jenseits seiner bestimmungsgemäßen Einnahme zur Besserung von Übelkeit und Erbrechen negativ bewertet hat. Bei der Entscheidung für eine Fortsetzung der Anwendung sollten daher zumindest die im Rahmen des Warnhinweises angegebene Tageshöchstdosis von 30 mg sowie der maximale Einnahmezeitraum von einer Woche eingehalten und keinesfalls überschritten werden.

Außerdem: Melden Sie Ihre Nebenwirkung und Erfahrungen zu Domperidon

Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Domperidon-haltigen Arzneimitteln oder mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie die Rote-Hand-Briefe wirkungsvoll zeigen.

Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

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