Erkältungsmittel – hilft das wirklich?

Rund 1,1 Milliarden Euro Umsatz werden pro Jahr mit Erkältungs- und Hustenmitteln erzielt. Die Mittelchen sind beliebt und versprechen Patienten, schnell wieder auf die Beine zu kommen. Der Nutzen und das Risiko der möglichen Nebenwirkungen werden aber immer wieder in Frage gestellt.

Kombipräparate – eine Lösung für alles?

Erkältungen werden medizinisch als Multisymptomkomplex bezeichnet, weil die typischen Symptome nicht nacheinander, sondern gleichzeitig auftreten und den Betroffenen das Leben schwer machen. In den Apotheken gibt es daher eine ganze Reihe von Medikamenten, die als sogenannte Kombinations-Arzneimittel verschiedene Wirkstoffe enthalten, um so gegen die verschiedenen Symptome gleichzeitig zu wirken.
Nur ein Präparat in Form von Tablette oder Saft sollen so Schnupfen, Fieber, Reizhusten und Gliederschmerzen ausmerzen.

Die Stiftung Warentest hat die vermeintlichen Alleskönner getestet. Die Ergebnisse sind eher ernüchternd und wenig vielversprechend: nur ein Präparat hat die Note “gut” erhalten. Die meisten getesteten Arzneimittel werden als wenig geeignet deklariert oder nur mit Einschränkungen empfohlen.

Der Wirkstoffmix – ein Tohuwabohu?

Kritisiert wird hier vor allem die Wirkstoffzusammensetzung. Die meisten Kombipräparate setzen sich aus mindestens zwei chemischen Wirkstoffen zusammen.
Folgend nun eine Übersicht der bekanntesten Mittel aus der Apotheke.

Grippostad C Hartkapseln

Wirkstoff: Paracetamol (200mg) + Chlorphenamin (2,5mg) + Coffein (25mg) + Vitamin C (150mg)
Urteil: Wenig sinnvoll. Das Schmerzmittel Paracetamol in Kombination mit dem abschwellenden Antihistaminikum Chlorphenamin, das auch bei Allergien oft genutzt wird, macht müde. Deshalb wird dem Kombi-Präparat zusätzlich Koffein beigemischt.
Der Zusatz von Vitamin C, mit dem auch viele andere Erkältungsmittel werben, soll allerdings bei einer Erkältung keine Vorteile haben.

Aspirin Complex / Grippostad Complex

Wirkstoff: Acetylsalicylsäure (500mg) + Pseudoephedrinhydrochlorid (30mg)
Urteil: Wenig sinnvoll. Zur Linderung von Gliederschmerzen und zur Senkung von Fieber reicht Acetylsalicylsäure alleine vollkommen aus. Der abschwellende Wirkstoff Pseudeophedrinhydrochlorid ist als eine kurzzeitige lokale Anwendung in Form von Nasenspray oder Nasentropfen besser verträglich.

WICK DayMed Erkältungskapseln/ Hartkapseln und WICK MediNait Erkältungssaft

Wirkstoff: Paracetamol (325mg) + Norephedrinhydrochlorid (12,5mg) + Dextromethorphanhydrobromid (10mg)
Urteil: Wenig sinnvoll.
Auch hier wird empfohlen, die einzelnen Erkältungssymptome lieber einzelnzu behandeln.

Grippostad C Heißgetränkpulver

Wirkstoff: Paracetamol (600mg)
Urteil: Geeignet.
Das einzige Mittel, das die Note “gut” erhalten hat. Es wirkt schmerzlindernd und fiebersenkend. Fraglich sind die Kosten: Man erhält für ca. 5 € eine Packung mit 10 Beuteln zur Einnahme, während der Preis für Paracetamol in Form von Tabletten bei ca. 1,85 € für 20 Stück liegt.

Achtung vor möglichen Nebenwirkungen!

Eins für alles – das hört sich zunächst sehr praktisch an. Jedoch sollte man sich bewusst sein, dass die Anwendung eines Kombi-Präparates mit einem erhöhten Nebenwirkungs- und Wechselwirkungspotential einhergeht. Das ist umso problematischer, da viele Mittel rezeptfrei abgeben werden dürfen und eine Beratung durch das Fachpersonal einer Apotheke leider sehr häufig ausbleibt.

Patienten sollten aber das Gespräch mit dem Arzt oder Apotheker suchen.
Präparate, die Paracetamol enthalten sind beispielsweise für Patienten mit Leberfunktionsstörungen nicht geeignet. Hier besteht außerdem die Gefahr der Überdosierung, wenn Patienten nicht bekannt ist, dass das Kombi-Arzneimittel bereits Paracetamol enthält und sie noch zusätzlich eine Tablette Paracetamol separat einnehmen.

ASS (Acetylsalicylsäure) sollte vermieden werden, wenn Asthma oder eine Blutungsneigung bekannt ist, da dieser Wirkstoff allergische Reaktionen auslösen kann und blutverdünnend wirkt. Herz-Kreislauf-Patienten sollten kein Ibuprofen einnehmen, da dieser Wirkstoff zur Verschlechterung einer bestehenden Herzleistungsschwäche führen kann. Außerdem sollten sie sich beraten lassen, welche Medikamente nicht mit Betablockern eingenommen werden dürfen – sonst droht ein Blutdruckanstieg, Herzrasen, Atemnot und Unruhe.

Der Griff zu Hausmitteln als Alternative

Erkältungen sind in der Tat sehr lästig, aber in aller Regel harmlos. Meistens lassen sie sich innerhalb von einer Woche auskurieren. Wer unbedingt zum Medikament greifen möchte, sollte das sehr gezielt tun, um Beschwerden wie Gliederschmerzen oder eine verstopfte Nase zu lindern. Bewährte Hausmittel hingegen sind nicht nur billiger, sondern auch schonender für den Körper. Sie können ebensowenig wie die chemischen Substanzen die Ursache der Beschwerden, nämlich den Virenbefall, zwar nicht beheben, aber die Beschwerden mildern.

Ansonsten helfen die folgenden, altbekannten Empfehlungen:

1. Ruhe! Ihr Körper braucht genügend Energie, um gegen die Krankheitserreger anzukämpfen. Schlafen Sie ausreichend und sorgen Sie für Entspannung. Körperliche Anstrengungen wie Sport sollten während einer Erkältung ebenfalls vermieden werden.
2. Viel trinken! Das hilft, die Krankheitserreger aus dem Körper zu spülen. Wohltuend sind dabei wärmende Kräutertees mit Honig (z.B. Kamille oder Ingwer). Sie sorgen nicht nur für eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr, sondern sind beruhigend und entzündungshemmend. So wird der Schleim in den Nasennebenhöhlen und Bronchien verflüssigt und das Naseputzen und Abhusten fällt leichter.
3. Warm halten! Bei Kälte wird der Körper schlechter durchblutet, insbesondere die Schleimhäute. Erkältungsviren haben es dann leichter, sich weiter auszubreiten. Ein Schal und eine Wärmflasche (Vorsicht: nicht bei Fieber!) versprechen hier Abhilfe. Ebenfalls heilsam kann Rotlicht sein. Dieses mildert die Beschwerden und die Wärme unterstützt den Körper bei der Virenbekämpfung.
4. Inhalieren! Dabei können ätherische Öle oder aber Kamillentee angewendet werden. Das Einatmen von warmem Dampf wirkt abschwellend und hat eine desinfizierende Wirkung, darüber hinaus löst es den Schleim in der Lunge.
5. Gesund essen! Eine Ernährung sollte immer abwechslungsreich und ausgewogen sein. Bei einer Erkältung aber mehr denn je: Eine gute Vitamin- und Mineralstoffzufuhr stärkt das Immunsystem. Vitamin C hilft dem Körper hier vorbeugend. Suppen sind ebenfalls eine gute Wahl auf dem Speiseplan, denn sie sind leicht zu schlucken und reizen den Hals nicht zusätzlich. Außerdem hilft die Wärme. Darüber hinaus sind sie eine weitere Quelle der Flüssigkeitszufuhr.

Erkältungsmittel gegen Corona

Ob und wie Erkältungsmittel im Kampf gegen CoViD-19 helfen, ist noch nicht ausreichend erforscht. Obwohl weltweit tausende Experten daran arbeiten, wirksame Medikamente aufzuspüren, kann es noch einige Jahre dauern, bis entsprechende Mittel auf dem Markt kommen.

Um den langwierigen Prozess etwas zu verkürzen, werden bereits Medikamente hinsichtlich ihrer Wirksamkeit auf das Corona-Virus untersucht, die bereits in anderen Anwendungsgebieten zugelassen sind. Hierzu zählen aber nicht die gängigen Grippemittel, sondern starke Medikamente gegen HIV, Ebola oder Malaria.

Auch deutsche Labore arbeiten an Versuchen, bei denen antivirale Wirkstoffe getestet werden. Trotzdem kann man im positivsten Fall davon ausgehen, dass erst Ende 2020 mit der klinischen Erprobung am Menschen begonnen werden kann.

Einen verständlichen Artikel zum aktuellen Corona-Virus mit weiterführenden Informationen haben wir hier für Sie zusammengestellt.

Melden Sie Ihre Nebenwirkungen!

Ihre Mitarbeit ist wichtig! Wann immer Sie den Verdacht haben, an Nebenwirkungen unter der Einnahme von Erkältungsmitteln oder anderen Medikamenten zu leiden, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zukünftig zu aktualisieren, wie etwa die Rote-Hand-Briefe wirkungsvoll zeigen.

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