Fahrverbot Medikamente

Fahrverbot? Diese Medikamente beeinträchtigen die Verkehrstüchtigkeit

Manche Medikamente greifen so in die chemischen Prozesse des Körpers ein, dass sie eine einschränkende Auswirkung auf das Reaktionsvermögen haben. Welche das sind, erfahren Sie hier.

Hinweise im Beipackzettel finden

Ob das Medikament, das Sie gerade vielleicht einnehmen, Ihre Fahrtüchtigkeit einschränkt, können Sie dem Beipackzettel entnehmen. Dort ist in einem solchen Falle unter der Rubrik Warnhinweise eine Textpassage angegeben, die etwa so lautet:

Verkehrstüchtigkeit und Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen 

Dieses Arzneimittel kann auch bei vorschriftsgemäßer Einnahme das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Dies gilt in verstärktem Maße im Zusammenwirken mit Alkohol. Sie können dann auf unerwartete und plötzliche Ereignisse nicht mehr schnell und gezielt genug reagieren. 

Daher heißt es dann:

Fahren Sie nicht Auto oder andere Fahrzeuge! 

Bedienen Sie keine elektrischen Werkzeuge oder Maschinen! 

Arbeiten Sie nicht ohne sicheren Halt! 

Während der Medikamenteneinnahme sollten Sie den Konsum von Alkohol vermeiden, da dieser einen verstärkenden, negativen Einfluss auf eine mögliche Beeinträchtigung der
Verkehrstüchtigkeit haben kann

Diese Typen von Medikamenten schränken häufig die Fahrtüchtigkeit ein

Beruhigungsmittel und Schlafmittel (Tranquillizer vom Typ Benzodiazepine)

Hier zu gehören vor allem 

  • Diazepam (Valium),
  • Lorazepam (Tavor),
  • Bromazepam (Lexotanil),
  • Trazolam (Halcion) sowie
  • Zopiclon (Imovane, Ximovan),
  • Doxylamin (Hoggar Night).

Beruhigungsmittel sollen den Anwendern helfen, Gelassenheit im Alltag zu bewahren, und nachts einen ruhigen Schlaf ermöglichen, indem sie innere Anspannung, Angst und Unruhe unterdrücken. Das funktioniert, da sie die Nervenaktivität hemmen.

Für den Straßenverkehr wird das natürlich gefährlich, da das Reaktionsvermögen nachlässt und das Urteilsvermögen getrübt sein kann. Wer regelmäßig tagsüber solche Medikamente einnimmt, sollte das Auto lieber stehen lassen und auch beim Führen anderer Fahrzeuge wie Fahrrad, Mofa oder Motorroller zurückhaltend sein.

Wer auf Medikamente zur Behandlung von Einschlaf- oder Durchschlafstörungen zurückgreift, darf den sogenannten Hang-Over-Effekt, den diese Arzneimittel haben, nicht außer Acht lassen: Das bedeutet, dass die  Wirkstoffe nicht bis zum anderen Morgen vollständig abgebaut sind und das Reaktionsvermögen so noch immer erheblich beeinträchtigen können.

Auf die verstärkte Wirkung bei gleichzeitigem Alkoholkonsum sowie das nicht unerhebliche Abhängigkeitspotenzial dieser Medikamente sei der Vollständigkeit halber auch in diesem Zusammenhang deutlich hingewiesen. 

Mittel gegen Depressionen und Psychosen (Antidepressiva / Antipsychotika = Neuroleptika)

Hierzu zählen z. B.:

  • Mirtazapin (Remergil),
  • Doxepin (Aponal);
  • Sertralin (Zoloft),
  • Citalopram/Escitalopram (Cipramil / Cipralex),
  • Venlafaxin (Trevilor);
  • Aripiprazol (Abilify),
  • Ziprasidon (Zeldox),
  • Clozapin (Elcrit, Leponex),
  • Quetiapin (Seroquel),
  • Olanzapin (Zyprexa),
  • Risperidon (Risperdal),
  • Sulpirid/Amisulprid (Dogmatil / Solian)

Depressionen und Psychosen (z.B. Schizophrenien) können die Fahrtüchtigkeit ungünstig beeinflussen. Das gilt gleichsam aber auch für die Medikamente, die zu ihrer Behandlung eingenommen werden. Sowohl das Reaktionsvermögen als auch das Urteilsvermögen können nachteilig beeinflusst werden.

Nicht nur Verlangsamung, auch starke Unruhe kann die Folge sein, was sich ebenfalls negativ auf die (Fein-)Motorik und Koordination von Bewegungsabläufen auswirkt. Eine pauschale Aussage lässt sich jedoch nicht treffen.

Im Idealfall können Patienten durch die Behandlung ihre  Fahrtüchtigkeit zurückerlangen. Daher sollten Sie sich eng mit Ihrem Arzt absprechen. 

Blutdrucksenker

Darunter fallen z. B. Betablocker wie

  • Metoprolol,
  • Bisoprolol oder
  • Carvedilol

aber auch ACE-Hemmer wie

  • Captopril,
  • Enalapril,
  • Ramipril

und AT2-Antagonisten (“Sartane”) wie

  • Candesartan,
  • Olmesartan und
  • Valsartan.

Ebenfalls betroffen sind Kalziumkanalblocker (Kalziumantagonisten) wie

  • Verapamil,
  • Nifedipin,
  • Diltiazem,
  • Amlodipin

sowie außerdem Entwässerungsmittel (Diuretika)

  • Hydrochlorothiazid,
  • Torasemid und
  • Furosemid.

Wenn ein Patient eine Bluthochdruck-Therapie beginnt, kann dies in den ersten Tagen zu Schwierigkeiten führen, bis der Körper sich an das Medikament gewöhnt hat bzw. die richtige Dosierung gefunden ist.

Manchmal fällt der Blutdruck zu plötzlich oder zu stark ab, was mit Schwindel, Benommenheit, sogar Kreislaufkollaps, Sehstörungen und Kopfschmerzen verbunden sein kann.  Doch auch unter bereits etablierter Therapie kann es zu Müdigkeit und einem eingeschränkten Reaktionsvermögen kommen.

Daher sollten Sie zumindest zu Beginn einer Bluthochdruckbehandlung darauf verzichten, selbst Auto zu fahren, und auch in den folgenden Wochen Ihr Reaktionsvermögen im Hinblick auf Ihre Fahrtüchtigkeit selbstkritisch hinterfragen.

Erkältungsmittel

Hier sind beispielsweise zu nennen:

  • Grippostad,
  • Boxagrippal und
  • Wick Medinait.

Erkältungsmittel, sogenannte Kombipräparate, gelten allgemein als harmlos. Sie werden gerade in den Wintermonaten häufig genutzt, um Symptome wie Fieber oder Schnupfen und das damit einhergehende Gefühl von Schlappheit zu bekämpfen.

Auch auch bei diesen Medikamenten  ist Vorsicht geboten, denn zu ihren Nebenwirkungen zählen Müdigkeit, Schwindel, Benommenheit und Störungen der Konzentration, was vor allem auf folgende Wirkstoffkomponenten zurückzuführen ist: 

Chlorphenamin, Doxylamin (Antihistaminika, auch als Schlafmittel!) und Dextrometorphan (zentral wirksamer Hustenblocker). Auch das kann – zusätzlich zur eigentlichen Erkältung – im Straßenverkehr gefährlich werden.

Schmerzmittel (Analgetika)

Die bekanntesten Mittel sind z. B.

  • Paracetamol
  • Nicht-steroidale Antiphlogistika (ASS, Ibuprofen, Diclofenac, Celecoxib, Etoricoxib)
  • zentral wirksame Analgetika (Morphin, Codein, Opiate)

Die gute Nachricht:
Einfache Schmerzmittel wie Paracetamol, Acetylsalicylsäure (Aspirin, ASS), Ibuprofen, Diclofenac (Voltaren) oder auch die selektiven Cox-2-Hemmer wie Celecoxib (Celebrex) oder Etoricoxib (Arcoxia) beeinträchtigen die Aufmerksamkeit und Reaktionsfähigkeit nicht und stellen in der Regel keine Gefahr für das Autofahren dar.

Anders sieht es bei Medikamenten zur Behandlung starker Schmerzen  aus. Deren Wirkstoffe wie Morphin (Hydromorphon), Codein (Oxycodon) oder Opioide (Fentanyl, Pethidin, Tilidin,Tramadol) zählen zu den Betäubungsmitteln und können Benommenheit, Müdigkeit und Sehstörungen als Nebenwirkungen hervorrufen.

Allergiemittel (Antiallergika / Antihistaminika)

Bekannte Mittel sind hierbei:

  • Dimentinden (Fenistil),
  • Clemastin (Tavegil),
  • Loratadin (Lorano),
  • Cetirizin (Reactine),
  • Azelastin (Allergodil, Vividrin),
  • Fexofenadin (Telfast).

Allergiemittel, insbesondere aus der Klasse der Antihistaminika, weisen als Nebenwirkungen häufig Müdigkeit auf. Daher sollte man sie nicht vor dem Autofahren einnehmen. 

Medikamente gegen Sodbrennen

Darunter fallen Kalzium-Magnesium-Karbonat (Antazida) wie

  • Riopan,
  • Maaloxan,
  • Rennie

und auch H2-Blocker wie

  • Cimetidin,
  • Famotidin,
  • Ranitidin),

und die PPI (Protonenpumpenhemmer) wie

  • Omeprazol,
  • Pantoprazol.

Kaum zu glauben, aber selbst Mittel gegen Sodbrennen können sich auf das Reaktionsvermögen auswirken. Das gilt vor allem für die Wirkstoffe Ranitidin und Cimetidin.

Auch hier ist die Kombination mit Alkohol sehr gefährlich, da Ranitidin dessen Abbau stark verlangsamt und der Alkohol so länger im Blut verweilt. Inzwischen gibt es aber besser verträglichere Mittel gegen Sodbrennen, sodass Ranitidin und Cimetidin Mittel zweiter Wahl darstellen und nur noch selten verordnet werden.

Besprechen Sie mögliche Bedenken mit Ihrem Arzt!

Wenn Sie ein solches Medikament einnehmen und womöglich selbst schon Anzeichen bemerkt haben, dass Ihre Fahrtüchtigkeit beeinträchtigt sein könnte, fragen Sie Ihren Arzt um Rat. Zur Sicherheit sollten Sie beim Gefühl von Müdigkeit oder Störung Ihrer Aufmerksamkeit oder Konzentrationsfähigkeit, auf das Auto verzichten.

Unwissenheit schützt nicht vor Strafe

Wer unter dem Einfluss von Medikamenten einen Unfall verursacht bzw. verwickelt wird, macht sich strafbar.  Denn in Deutschland ist es die Pflicht eines jeden Fahrers, vor Fahrtantritt die eigene Fahrtüchtigkeit sicherzustellen.

Eigene Gesetze für den Umgang mit Medikamenten, gibt es im Straßenverkehrsgesetz nicht. Personen, die berauschende Mittel (Alkohol oder andere Drogen) einnehmen und sich dann hinter das Steuer setzen, können (auch ohne Eintritt eines Schadens) in Abhängigkeit vom Grad der Fahruntüchtigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 3.000 Euro, Punkten in Flensburg und einem zeitlich begrenzten Fahrverbot  belangt werden.

Kommt es sogar zu Fahrfehlern und Ausfallerscheinungen, findet das Strafmaß einer Trunkenheitsfahrt Anwendung. Dann gibt es nicht nur eine Geldstrafe, sondern – vor allem im Wiederholungsfall – womöglich eine Freiheitsstrafe. Auch die Fahrerlaubnis kann auf diese Weise aberkannt werden.

Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

Beobachten Sie Nebenwirkungen – egal welcher Art – unter der Einnahme von Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren. Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird. Davon profitieren auch andere Patienten und sind Ihnen dankbar.

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