Rote-Hand-Briefe – was ist das eigentlich?
Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen. So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.
Liebe Patientin, lieber Patient,
lesen Sie nun im Folgenden unseren patientenfreundlichen Warnhinweis zu “Suizidgefahr unter dem Einfluss hormoneller Verhütungsmittel” (Rote-Hand-Brief vom 21.01.2019).
Anlass für den Rote-Hand-Brief vom 21. Januar 2019 sind wichtige Ergebnisse zweier Studien aus Dänemark aus den Jahren 2016 und 2017, die auf ein erhöhtes Suizidrisiko durch die Einnahme hormoneller Verhütungsmittel, wie beispielsweise der Pille, hinweisen. Auf Empfehlungen der Europäischen-Arzneimittel-Agentur (EMA) werden in den Warnhinweisen der Fach- sowie Gebrauchsinformation der hormonellen Verhütungsmittel (Kontrazeptiva) eine erhöhte Suizidgefahr sowie das Risiko des vollzogenen Selbstmordes aufgenommen.
Worum geht es?
Zwei Studien aus Dänemark aus den Jahren 2016 und 2017 haben dazu geführt, dass Experten der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) den Zusammenhang zwischen hormonellen Verhütungsmethoden und dem Suizidrisiko der Anwenderinnen näher untersucht haben. Aufgrund einiger methodischer Mängel sehen die Experten in den Studien zwar keinen eindeutigen Beweis für den Zusammenhang zwischen hormoneller Verhütung und Selbstmordgefahr, bewerten die Daten aber als aussagekräftig genug, um die Gebrauchsinformationen anzupassen. In den Studien wurde beobachtet, dass das Suizidrisiko bei den Studienteilnehmerinnen mit hormoneller Verhütung höher war als bei der Gruppe ohne hormonelle Verhütung.
Schon lange war bekannt, dass bei der hormonellen Verhütung Stimmungsschwankungen sowie Depressionen auftreten können. Das liegt daran, dass hormonelle Verhütungsmittel weibliche Geschlechtshormone enthalten, die in den Hormonhaushalt der Anwenderinnen eingreifen. Einfluss haben die Hormone deshalb ebenfalls auf das körperliche Erscheinungsbild, wie etwa das Gewicht oder das Hautbild.
Welche Medikamente sind betroffen?
Prinzipiell alle Formen von hormonellen Verhütungsmitteln:
- Pillen
- Mini- Kombipillen
- Hormonspiralen
- Hormonelle vaginale Freisetzungssysteme
- Hormonpflaster
- Hormonimplantate
- Hormonspritzen
Was ist zu tun?
Unbestrittenermaßen gilt die Pille neben anderen hormonellen Verhütungsmitteln wie beispielsweise der Hormonspirale als sehr sicher: der Pearl-Index (ein Sicherheitsmaß für die Wirksamkeit von Verhütungsmitteln: je niedriger er ist, desto geringer der Anteil der Schwangerschaften unter Anwendung der Methode) von weit unter 1 ist besser als der von Kondomen (2-12), oder die Temperaturmessmethode (0,8-3). Dennoch sollten Sie mit Ihrem behandelnden Arzt auch die möglichen negativen Folgen bzw. Nebenwirkungen einer hormonellen Verhütung abklären. Das Auftreten schwerer Nebenwirkungen ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich und hängt von einer Reihe an Einflüssen, wie Vorerkrankungen (bestimmte Krebsarten), Lebensgewohnheiten (z.B. Rauchen) und genetischen Faktoren (Depressionen in der Familiengeschichte), ab.
Entscheiden Sie sich für eine hormonelle Variante der Empfängnisverhütung, sollten Sie sich darüber bewusst sein, dass eventuell Stimmungsschwankungen sowie depressive Episoden mit der Anwendung zusammenhängen können. In jedem Fall sollten Sie solche Beobachtungen umgehend mit Ihrem Arzt besprechen.
Deshalb: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!
Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Einnahme von Verhütungsmitteln oder anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie die Rote-Hand-Briefe wirkungsvoll zeigen. Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.