Increlex (Mecasermin) Nebenwirkung: Risiko für gutartige und bösartige Tumore

Increlex (Mecasermin) Nebenwirkung: Risiko für gutartige und bösartige Tumore

Rote-Hand-Briefe – was ist das eigentlich? 

Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen. So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.

Liebe Patientin, lieber Patient,

lesen Sie hier unsere “patientenfreundliche” Fassung des Rote-Hand-Briefs vom 02. Dezember 2019 zu Increlex (Mecasermin). Ipsen Pharma informiert hiermit in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über das Risiko möglicher Tumorbildungen.

Worum geht es im aktuellen Rote-Hand-Brief von Increlex?

2006 erhielt Increlex als Medikament zur Behandlung seltener Leiden seine Zulassung zur Behandlung junger Patienten im Alter von 2 bis 18 Jahren mit einer speziellen Form von Wachstumsstörungen. Als neuartiges Arzneimittel unterliegt es einer zusätzlichen Überwachung, welche eine schnelle Identifizierung neuer Erkenntnisse über die Sicherheit der Anwendung und möglicher Nebenwirkungen ermöglicht.
In deren Rahmen wurden seit Markteinführung Fälle von gutartigen und bösartigen Tumoren (Neoplasien) bei Kindern und Jugendlichen beobachtet, die mit Mecasermin behandelt wurden. Die Häufigkeit dieser Neoplasien lag dabei höher als man sie üblicherweise bei solchen Patienten ohne Mecasermin-Behandlung erwarten würde.

Der aktuelle Stand der biologischen Forschung deutet darauf hin, dass IGF-1 bei der Entstehung aller bösartigen Geschwülsten (Tumore) in allen Organen oder Geweben eine Rolle spielt. In Tierversuchen konnten gutartige und bösartige Neubildungen verschiedener Gewebe durch Gabe von Mecasermin erzeugt werden in Dosierungen, die jedoch bis zum Siebenfachen höher lagen als die maximal zur Behandlung von Menschen zugelassene Dosierung.

Wie wirkt Increlex bei Kindern und Jugendlichen?

Mit Increlex werden Patienten (Kinder und Jugendliche) im Alter zwischen 2 und 18 Jahren behandelt, bei denen eine besondere, seltene Form der Wachstumsstörung vorliegt, die durch einen schweren primären Mangel von IGF-1 (Insulin-like Growth Factor-1 = Insulin-artiger Wachstumsfaktor-1) bedingt ist. Dieses Hormon stimuliert die Aufnahme von Glukose, Fettsäuren und Aminosäuren in die Zellen des Körpers, sodass sie zur Teilung angeregt werden und Gewebewachstum gefördert wird. Increlex darf nur dann angewendet werden, wenn ein primärer Mangel an IGF-1 festgestellt und ein sekundärer Mangel (z. B. hervorgerufen durch Mangelernährung, Schilddrüsenunterfunktion oder eine andauernde Behandlung mit Kortison bei entzündlichen Erkrankungen wie z.B. kindliches Rheuma) ausgeschlossen werden kann.

Der Wirkstoff Mecasermin wird mithilfe der sogenannten rekombinanten DNA-Technik hergestellt: Bakterien produzieren ihn, nachdem sie durch die Einschleusung menschlicher (humaner) DNA-Sequenzen in ihre eigene Erbinformation so moduliert wurden, dass sie zur Bildung von menschlichem Wachstumsfaktor, dem sogenannten rh-IGF-1 (rekombinantem humanem Insulin-artigem Wachstumsfaktor-1) fähig sind.

Increlex muss von einem Arzt verordnet werden, der in der Diagnose und Behandlung von Wachstumsstörungen erfahren und zur Überwachung dieser Langzeittherapie in der Lage ist. Ein primärer IGF-1-Mangel gilt als seltene Krankheit. Dementsprechend gibt es auch nur wenig Forschungsdaten zur Therapie mit Increlex. Die Zulassung des Arzneimittels erfolgte auf Basis von nur fünf klinischen Studien mit insgesamt 92 untersuchten Kindern. Zwar wurde die Wirksamkeit von Increlex anhand des Wachstums der behandelten Patienten von durchschnittlich 2,8 cm pro Jahr bestätigt, ein umfassendes Risikoprofil möglicher Nebenwirkungen hingegen konnte unter diesen Untersuchungsbedingungen noch nicht erstellt werden. Zum Schutz der Patienten ist daher eine engmaschige klinische Überwachung unerlässlich.

Increlex (Mecasermin) wird zweimal täglich unter die Haut (subkutan) gespritzt, wobei immer eine andere Stelle zur Injektion gewählt werden soll. Eine Injektion in eine Vene (intravenös) sollte nicht erfolgen. . Da es unter der Behandlung mit Increlex zum Abfall des Blutzuckerspiegels (Hypoglykämie, Unterzuckerung) als häufigste Nebenwirkung kommen kann, sollte die Injektion kurz vor oder nach einer Mahlzeit erfolgen. Die Anfangsdosis beträgt 0,04 mg Mecasermin pro Kilogramm Körpergewicht des Patienten zweimal täglich. Bei guter Verträglichkeit kann die Dosis schrittweise und langsam (wöchentlich) bis zur Maximaldosis von 0,12 mg/kg zweimal täglich gesteigert werden.

Was können Sie für Ihr Kind tun?

Increlex darf ausschließlich zur Behandlung eines schweren, primären IGF-1-Mangels eingesetzt werden. Dabei darf die maximale Dosierung von 0,12 mg pro Kilogramm Körpergewicht zweimal täglich nicht überschritten werden.
Die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass das Risiko für Tumorbildung erhöht sein kann, wenn Mecasermin an Patienten ohne IGF-1-Mangel oder in höheren Dosen als empfohlen verabreicht wird. Dies führt dann zu IGF-1-Spiegeln, den Normalwert übersteigen, was unkontrollierbare Auswirkungen auf das Gewebewachstum zur Folge haben kann.

Das Medikament muss bei Beobachtung einer Tumorbildung – ob gutartig oder bösartig – unverzüglich und dauerhaft abgesetzt werden. Die betroffenen Patienten müssen einer auf die Art des Tumors ausgerichteten fachärztlichen Betreuung zugeführt werden.

Kinder und Jugendliche mit primärem IGF-1-Mangel und den folgenden Risikofaktoren bzw. Grunderkrankungen sollten Increlex unter keinen Umständen zur Behandlung der Wachstumsstörung erhalten:

  • …wenn eine aktive Tumorerkrankung oder dahingehender Verdacht besteht.
  • …bei Befund oder Vorerkrankung, die das Risiko für gutartige oder bösartige Neubildungen erhöhen könnten.

Die Produktinformationen zu Increlex für Ärzte und Patienten sowie das entsprechende Schulungsmaterial zum Umgang mit diesem Medikament werden aktualisiert.

Wenn Ihr Kind mit Increlex behandelt wird oder Sie selbst es als Patient dieses Medikament erhalten, achten Sie auf Veränderungen der Haut, auf Befindlichkeitsstörungen, auf Spannungsgefühle an inneren Organen, auf neu auftretende Schmerzen. Suchen Sie in einem solchen Fall Ihren behandelnden Arzt auf – auch bereits vor dem nächsten vereinbarten Kontrolltermin. Nehmen Sie die regelmäßigen Termine zur Überwachung der Behandlung ernst und versäumen Sie diese nicht leichtfertig.

Ihre Mitarbeit ist wichtig – auch für andere Kinder!

Mit der Bereitstellung der Roten-Hand-Briefe in einer patienten-freundlicheren Sprache wollen wir Ihre Wahrnehmungsfähigkeit von Nebenwirkungen entwickeln und stärken! Rote-Hand-Briefe zeigen wirkungsvoll, wie wichtig die kontinuierliche Überwachung der Medikamente und die Anpassung der Produktinformationen an neue Erkenntnisse aus Studien sowie Nebenwirkungsmeldungen ist. Die Aktualisierung der Packungsbeilagen trägt dazu bei, dass jedem Patienten die bestmögliche Behandlung sowohl im Hinblick auf deren Wirksamkeit als auch Verträglichkeit angeboten werden kann.

Je mehr Informationen auch Sie über Ihre Erfahrungen mit den von Ihnen eingenommenen Medikamenten zur Verfügung stellen, desto besser kann das Risiko eingegrenzt und vorgebeugt werden, dass andere Patienten diese Nebenwirkungen ebenfalls erleiden müssen.

Achten Sie deshalb auf körperliche oder psychische Veränderungen während der Medikamenteneinnahme und auch nach deren Ende. Niemand kann das besser beurteilen als Sie selbst, schließlich kennen Sie Ihr Kind am besten. Ihre Gesundheit und die Gesellschaft werden es Ihnen danken!

Deshalb: Melden Sie Ihre Nebenwirkung von Ihren Kindern!

Beobachten Sie Nebenwirkungen – egal welcher Art – unter der Behandlung mit Increlex (Mecasermin) oder auch mit anderen Medikamenten bei sich selbst oder Ihren Schützlingen, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren.

Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

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