Lebensmittel und ihre Wechselwirkungen mit Medikamenten

Langsam rücken Nebenwirkungen immer mehr in das Bewusstsein. Noch wenig erforscht und vom Patienten kaum beachtet ist hingegen, welche Neben- und Wechselwirkung zwischen Medikamenten und Lebensmitteln entstehen können.

Wechselwirkung von Medikament und Lebensmittel noch wenig erforscht

Die Einnahme eines Medikaments gemeinsam mit einem oder mehreren verschiedenen Lebensmitteln kann Wechselwirkungen hervorrufen.
So ist beispielsweise bekannt, dass manches Antibiotikum seine Wirkung verliert, wenn es zusammen mit Milch oder anderen Milchprodukten eingenommen wird. Von mehr als 300 Arzneimitteln weiß man inzwischen, dass sich durch Wechselwirkung mit einem bestimmten Lebensmittel eine gefährliche Nebenwirkung entwickeln kann.

Viele Forscher glauben aber, dass sei erst die Spitze eines noch unbekannten Eisberges. Man schätzt, dass aktuell jeder Deutsche im Durchschnitt pro Jahr mehr als 1000 Tabletten einnimmt. Der deutsche Apothekerverband sieht bisher etwa 315 Arzneistoffe im Verdacht, die in Wechselwirkung eine negative Nebenwirkung mit einem Lebensmittel provozieren. Diese 315 Substanzen verteilen sich aber auf etwa 5.000 gängige Medikamente. Das bedeutet: 12,5 Prozent aller Medikamente können in Verbindung mit einem Lebensmittel unerwartet eine Nebenwirkung zeigen. Ein wissenschaftlicher Gesamtüberblick darüber steht noch aus.

Daher können selbst Ärzte überrascht werden: Ein Kardiologe der Uniklinik Wien, Dr. Michael Wolzt, wunderte sich etwa, dass eine Patientin nach einer Herzklappenoperation nicht auf die notwendige Blutverdünnung durch das Medikament Marcumar ansprach. Erst eine intensive Recherche brachte die Lösung: Verwandte der Patientin brachten im guten Glauben Multivitamintabletten mit, die diese fleißig und ohne Rücksprache mit der Klinik einnahm. Die Tabletten enthielten hochdosiertes Vitamin K, das auch in Spinat, Kohl und anderem Grüngemüse enthalten ist, welches aber ein Medikament zur Senkung der Blutgerinnung in der Wirkung hemmt.

Wie Lebensmittel Medikamentenwirkungen verändern

Gelangt ein Medikament mit einem bestimmten Nahrungsmittel in den Körper, kann seine Wirkung verringert werden.
Die folgenden Beispiele sind inzwischen recht gut erforscht:

  • Milchprodukte und Antibiotika: Vor allem sogenannte tetrazyklische Antibiotika, etwa Doxycyclin, werden durch das Kalzium in Milch, Käse, Quark oder Joghurt in ihrer Wirkung gestört.
  • Koffein und Antibiotika: Antibiotika mit Gyrasehemmer verzögern den Abbau von Koffein in Kaffee, Tee, Cola oder Energiedrinks, weshalb es zu Erregungszuständen, wie Herzrasen und Schlafstörungen kommen kann.
  • Koffein und Eisenpräparate: Die Einnahme von Eisenpräparaten (bei Blutarmut, Schwangerschaft u.a.) sollte stets zwei Stunden vor oder nach dem Trinken von koffeinhaltigen Getränken erfolgen. Ansonsten wird das Eisen ohne Wirkung vom Körper wieder ausgeschieden.
  • Grapefruitsaft, Cranberrysaft und Bitterorangen (auch in der Marmelade!) in Wechselwirkung mit Bluthochdruckmitteln, Schlaf- und Schmerzmitteln und Antihistaminika: Die im genannten Lebensmittel enthaltenen Flavonoide verstärken die Wirkung des Medikaments. Als Nebenwirkung können sie Bluthochdruck, aber auch Blutdruckabfall und Herzrasen auslösen. Eine weitere typische Nebenwirkung sind Kopfschmerzen.
  • Iod: Das Spurenelement beeinflusst die Schilddrüsenfunktion und sollte daher nicht in Kombination mit Medikamenten zur Behandlung einer Schilddrüsenunter- bzw. -überfunktion gegessen werden.
  • Lakritze und Entwässerungstabletten: Wer viel Lakritzprodukte isst und entwässernde Medikamente, (Diuretika) nehmen muss, entzieht seinem Körper Kalium. Als Nebenwirkung kommt es zu Müdigkeit, Muskelerschlaffung und reduzierten Reflexen. Auch ein hoher Blutdruck ist nötig.
  • Asthmamittel (wenn es Theophylin enthält) und schwarzer Pfeffer: Pfeffer hemmt durch sein Piperin den Abbau des Wirkstoffs Theophylin. Als Nebenwirkungen können Unruhe, Krämpfe, Kopfschmerzen, Herzrasen und Übelkeit auftreten. Eine weitere Nebenwirkung durch Wechselwirkung ist erhöhtes Wasserlassen. Ähnlich wie Piperin wirkt auch der Stoff Tannin, das in Schwarz- und Grüntee, Himbeeren, Walnüssen, Hamamelis und Eiche enthalten ist.
  • Antidepressiva und Käse / Wein: Enthält ein Antidepressivum sogenannte MAO-Hemmer, kann es in Wechselwirkung mit Käse und Wein, aber auch mit Sauerkraut, weißen Bohnen und Salzheringen zu Nebenwirkungen kommen. Das in einem solchen Lebensmittel enthaltene Tyramin wird schlechter oder gar nicht mehr abgebaut. Eine gefährliche Nebenwirkung kann Bluthochdruck mit eventuellen Hirnblutungen sein. Eine ähnliche Wechselwirkung gibt es auch zwischen Antidepressiva und Bananen, Ananas, Muskatnuss, Rosinen, Feigen und Soja-Soße.
  • Ingwer und Diabetes-Medikamente: Die Einnahme von Ingwer wirkt blutzuckersenkend. Patienten, die ohnehin schon blutzuckersenkende Medikamente einnehmen, müssen aufpassen, dass der Blutzuckerspiegel nicht zu stark abfällt. Ingwer kann zudem auch Einfluss auf die Blutgerinnung haben.

Was Sie beachten sollten

Aufmerksamkeit im Umgang mit einem Medikament ist wichtig. Folgende Tipps können bei der richtigen Einnahme von Medikamenten behilflich sein:

  • Beachten Sie genau die Hinweise im Beipackzettels. In manchen Fällen wird dort auf bekannte Wechselwirkungen mit Lebensmitteln hingewiesen.
  • Beim Abholen eines Medikaments aus der Apotheke können Sie auch dort Hinweise auf eine Wechselwirkung zwischen Lebensmittel und Ihrem Medikament erfragen. Apotheker haben dafür meist mehr Zeit als ein Arzt.
  • In den Beipackzetteln ist häufig der Einnahmezeitpunkt angegeben. Einnahme vor, während oder nach dem Essen bedeutet jeweils: 30 bis 60 Minuten vor einer Mahlzeit, innerhalb von 5 Minuten nach der Mahlzeit, 30 bis 60 Minuten nach der Mahlzeit
  • Nehmen Sie ein Medikament immer mit viel Flüssigkeit ein, am besten mit Leitungswasser. Fruchtsaft, Limonade und Milchprodukte sollten Sie in der Regel erst zwei Stunden nach Medikamenteneinnahme zu sich nehmen. Gleiches gilt für Zitrusfrüchte und Rhabarber.
  • Einnahme von Multivitaminpräparaten und Nahrungsergänzungs- bzw. Sportlerpräparaten (etwa Proteine!) sollte dringend mit dem Arzt oder Apotheker abgesprochen werden.

Melden Sie Ihre Nebenwirkungen!

Ihre Mitarbeit ist wichtig! Selbst Jahre nach der Zulassung sind längst nicht alle Nebenwirkungen bekannt. Auch Wechselwirkungen nicht. Insbesondere der Zusammenhang zwischen Nebenwirkungen und einigen Lebensmitteln ist noch ungeklärt. Wann immer Sie den Verdacht haben, an Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit Lebensmitteln unter der Einnahme von Medikamenten zu leiden, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zukünftig zu aktualisieren, wie etwa die Rote-Hand-Briefe wirkungsvoll zeigen.

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