Medikamente in der Schwangerschaft – das Baby schluckt mit

Für sein Kind wünscht man sich nur das Beste. Das beginnt bereits in der Schwangerschaft. Einige Medikamente können schädigende Nebenwirkungen für das ungeborene Kind mit sich bringen.

Als Mutter möchte man stets das Beste für sein Kind – das gilt auch schon während der Schwangerschaft. Prinzipiell ist es sicherer, in der Schwangerschaft gänzlich ohne Medikamente auszukommen. Die Blutbahnen von Mutter und Kind sind über die Nabelschnur direkt miteinander verbunden und alles, was die schwangere Frau einnimmt, landet mit all seinen Nebenwirkungen auch beim ungeborenen Kind. In medizinischen Fachpublikationen werden Studien zitiert, die im Blut des Ungeborenen bis zu 80 Prozent der Arzneimittelkonzentration der Mutter nachgewiesen haben. Welche Wechselwirkung auch ein „harmloses“ Mittel im Kreislauf des noch unfertigen Menschen hervorruft, ist weitgehend nicht erforscht. Wissenschaftliche Studien an Mutter und Kind sind aus ethischen Gründen nur bedingt erlaubt. Auch wenn es in der Schwangerschaft häufig zwickt, das zusätzliche Gewicht Rückenschmerzen verursacht oder die Hormone Kopfweh begünstigen: Vorsicht selbst mit der einfachen Schmerztablette!

Nebenwirkung: Die Schrecken von Contergan, Duogynon und Cytotec

Ein schreckliches Beispiel für die Schädigung ungeborener Kinder durch unbekannte Nebenwirkungen hat der Contergan-Skandal geliefert. Ende der 1950er wurden 5.000 bis 10.000 Kinder mit schwersten Missbildungen an den Gliedmaßen geboren. Ihre Mütter hatten in der ersten kritischen Phase der Schwangerschaft Contergan eingenommen – als Beruhigungsmittel und gegen die morgentliche Übelkeit. Der Wirkstoff Thalidomid wird heute noch zur Bekämpfung von schweren, bösartigen Tumorerkrankungen verordnet – niemals aber in der Schwangerschaft.

Aufsehen erregte auch Duogynon, Anfang der 1970er gegen Zyklusstörungen und als Schwangerschaftstest verschrieben. Das Präparat, basierend auf den weiblichen Hormonen Gestagen und Östrogen, wird für Schädigungen des zentralen Nervensystems und – in Wechselwirkung – für Herzfehler und Fehlbildungen der Blase verantwortlich gemacht.

Und auch während der Geburtseinleitung können durch Medikamente schwere Nebenwirkungen die Folge sein: jüngst hatte der Off-Label-Use von Cytotec in Kliniken gezeigt, welchen Schaden der Gebrauch dieses Magenmittels für die Neugeborenen anrichten kann.

Gewachsene Sensibilität gegenüber Nebenwirkungen

Gesicherte Studien über den Medikamentenkonsum der Mütter der 785.000 Kinder, die 2017 in Deutschland geboren wurden, gibt es nicht. Professor Dr. Christof Schäfer, Kinderarzt und ärztlicher Leiter des Pharmakovigilanz- und Beratungszentrums für Embryonaltoxikologie an der Berliner Charité, registriert allerdings eine gewachsene „Achtsamkeit“ schwangerer Frauen vor allem im Umgang mit den „alltäglichen“ Medikamenten und ihren Nebenwirkungen. Das betrifft speziell die Wechselwirkung von Schmerzmitteln und die Nebenwirkung von Nasenspray und Hustenmitteln.

Schmerzmittel in der Schwangerschaft – nur wenn es wirklich nötig ist

Acetylsalicylsäure (ASS) soll in den ersten zwölf Wochen der Schwangerschaft keine riskante Nebenwirkung für das Ungeborene bergen. Danach aber mindert das Schmerzmittel die Kontraktilität der Gebärmutter und setzt als Wechselwirkung die Wehentätigkeit herab. Unter der Geburt besteht die Gefahr erhöhten Blutverlusts, weil das Präparat die Blutgerinnung hemmt. Schreckliche Nebenwirkung überdies: Bereits 500 Milligramm ASS können das Risiko für eine Hirnblutung des frühgeborenen Kindes steigern.

Paracetamol gilt gemeinhin als Präparat mit geringen Gefährdungspotential in der Schwangerschaft. Allerdings legen norwegische und dänische Studien als Nebenwirkung einen Zusammenhang mit späterer Hyperaktivität des Kindes und gestörtem Sozialverhalten nahe.

Ibuprofen sollte auf keinen Fall im letzten Drittel der Schwangerschaft mehr eingenommen werde: Die Nebenwirkung angeborener Herzfehler besteht als Verdachtsmoment.

Erkältungsmittel – frische Luft ist besser

Generell gilt, dass alle Medikamente, die in der 6. bis 12. Schwangerschaftswoche eingenommen werden, besonders verheerende Nebenwirkungen entfalten können, weil während dieser Zeit die Organe des Kindes gebildet werden. Über den Blutkreislauf gelangen die Präparate in die Plazenta und werden so als störende Schadstoffe vom Embryo aufgenommen. Vor der Einnahme eines Medikaments sollte immer der Arzt befragt werden. Hustenmittel enthalten oft viele verschiedene Wirkstoffe, deren Nebenwirkungen sich beim ungeborenen Kind potenzieren und zu einer schädlichen Wechselwirkung führen können. Der Bestandteil Codein steht im Verdacht als Nebenwirkung Atemdepression und Trinkschwäche zu begünstigen. Nasenspray mit Oxymetazolin soll bei kurzfristigem Gebrauch in der Schwangerschaft unschädlich sein. Bei längerer Anwendung kann der abschwellende Effekt allerdings als Wechselwirkung auf die Blutgefäße der Gebärmutter übergreifen und so die Durchblutung der Plazenta herabsetzen. Das Baby erhält weniger Sauerstoff, sein Herzschlag verlangsamt sich.

Antibiotika – manchmal erforderlich

Antibiotika können auch in der Schwangerschaft zur Behandlung von schweren, bakteriellen Infektionen erforderlich sein. Eine Nichtbehandlung kann unter Umständen für Mutter und Kind gefährlicher als kalkulierbare Nebenwirkungen sein. Ampicillin gilt als das kleinste Übel, eine erhöhte toxische Wechselwirkung ist nicht bekannt. Tetrazykline sollten unbedingt vermieden werden, sie können zu einer gelblichen Verfärbung der Zähne beim Fötus führen. Aminoglykoside wie Gentamicin stehen im Verdacht als Nebenwirkung Taubheit hervorzurufen.

Chronisch krank – was ist zu tun?

Chronische Krankheiten stellen werdende Mutter und behandelnden Arzt vor große Probleme. Bei Asthma, Bluthochdruck oder Diabetes muss genau abgewogen werden, ob die Therapie beibehalten oder mit einem Ersatzmedikament fortgeführt werden kann oder welche Konsequenzen eine Unterbrechung hat.

Kortison-Wirkstoffe sollen in der Schwangerschaft bis zu einer gewissen Dosis von der sogenannten Plazentaschranke gefiltert werden. Höhere Dosen steigern das Risiko für Wachstumsstörungen beim Kind und begünstigen als Wechselwirkung Schwangerschaftsdiabetes bei der Mutter. Blutdrucksenker des Typs ACE-Hemmer dürfen dagegen in der Schwangerschaft nicht eingenommen werden, da sie Hirn- und Nierenschäden bewirken können. Eine frühzeitige Plazentaablösung und Frühgeburten wurden als Wechselwirkung ebenfalls konstatiert. Die meisten Substanzen gegen Diabetes sind hinsichtlich ihrer Nebenwirkung in der Schwangerschaft nicht hinreichend untersucht. Am sichersten scheint in der Schwangerschaft eine Umstellung auf Humaninsulin.

Melden Sie Ihre Nebenwirkungen!

Ihre Mitarbeit ist wichtig – auch für andere werdende Mütter! Selbst Jahre nach der Zulassung sind längst nicht alle Nebenwirkungen bekannt. Auch Wechselwirkungen nicht. Wann immer Sie den Verdacht haben, an Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen unter der Einnahme von Medikamenten zu leiden, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zukünftig zu aktualisieren, wie etwa die Rote-Hand-Briefe wirkungsvoll zeigen. 

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