Ranitidin: Rückruf durch Verunreinigung (NDMA)

Ranitidin: Rückruf durch Verunreinigung (NDMA)

Rote-Hand-Briefe – was ist das eigentlich? 

Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen. So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.

Liebe Patientin, lieber Patient,

lesen Sie hier unsere “patientenfreundliche” Fassung des Rote-Hand-Briefs vom 08. November zu Ranitidin STADA 150 bzw. 300 und Ranitidin AL 150 bzw. 300. Die Hersteller Aliud Pharma GmbH und STADApharm GmbH informieren hiermit in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) darüber, dass Ranitidin aufgrund der aktuellen Verunreinigung des Wirkstoffs mit N-Nitrosodimethylamin (NDMA), der krebserregend sein kann, nicht mehr in hohen Dosierungen zur Langzeittherapie verschrieben werden soll.

Wie wirkt Ranitidin 150 bzw. 300?

Ranitidin ist ein Medikament aus der Gruppe der Antihistaminika und wird zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmerkrankungen, die durch vermehrte Mengen an Magensäure verursacht sind, eingesetzt. Die Einnahme erfolgt meistens über den Mund (oral) als Tablette.
Anders als die bei Allergien verwendeten Medikamente, welche die H1-Rezeptoren blockieren, blockiert Ranitidin die sogenannten H2-Rezeptoren in der Magenschleimhaut, wodurch es die histamin-stimulierte Bildung der Magensäure verringert. Somit wird es typischerweise von Patienten eingenommen, die an Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren, Sodbrennen oder an einer Refluxkrankheit (z. B. Refluxösophagitis) leiden. Die Behandlung mit dem Medikament erfolgt meist mehrere Jahre lang mit einer konstanten täglichen Dosis.

Worum geht es?

Im September 2019 gab es einen Rückruf von ranitidin-haltigen Medikamenten, da in Laboruntersuchungen eine Verunreinigung des Wirkstoffs mit NDMA (N-Nitrosodimethylamin) nachgewiesen wurde, der nach den neuesten Erkenntnissen der Internationalen Agentur für Krebsforschung der WHO (Weltgesundheitsorganisation) und der EU als wahrscheinlich krebserregend für den Menschen angesehen wird.
Für NDMA wurde gemäß Leitlinien bei einer Therapiedauer von 1 bis 10 Jahren eine tägliche Aufnahme von bis zu 643 ng pro Tag als noch akzeptabel eingestuft. Bei einer lebenslangen Einnahme reduziert sich die tägliche Menge, die dann nur noch maximal 96 ng täglich betragen darf.

Bei den niedrigen und mittleren Dosierungen (150 bis 300 mg) zur Behandlung von Sodbrennen, Refluxkrankheit sowie Magen-und Zwölffingerdarmgeschwüren ist folglich für die Patienten aber kein Gesundheitsrisiko durch die Verunreinigung des Wirkstoffs Ranitidin mit NDMA zu erwarten.

Zur Behandlung des Zollinger-Ellison-Syndroms (ZES) hingegen werden Tagesdosen von mindestens 900 mg und ggf. höher empfohlen. Bei der lebenslang erforderlichen Therapie wird bei dieser Dosierung die akzeptable Menge von NDMA überschritten.
Bei dieser Krankheit produzieren Tumore – sogenannte Gastrinome, die vorwiegend in der Bauchspeicheldrüse und im Dünndarm lokalisiert sind – unkontrolliert große Mengen des Hormons Gastrin, das die Bildung von Salzsäure in der Magenschleimhaut anregt. Durch die dann übermäßig vorhandene Magensäure leiden die Betroffene nicht nur an Sodbrennen, Reflux und starken Bauchschmerzen, sondern in der Regel auch an Geschwüren im Magen und Zwölffingerdarm, nicht selten mit blutigem Erbrechen sowie an chronischem Durchfall.

Was ist zu tun?

Die Untersuchungen der Medikamente Ranitidin STADA und Ranitidin AL in den Wirkstoffstärken 150 mg und 300 mg ergaben, dass bei üblichen Dosierungen und Anwendungszeiten zunächst der Grenzwert für NDMA nicht überschritten wird.

Die zur Therapie des Zollinger-Ellison-Syndroms eingesetzten Tagesdosen von 900 mg und höher überschreiten diesen Grenzwert – zumal bei lebenslanger Einnahme – deutlich.

Daher wird nun von den Herstellern Aliud und STADA darauf hingewiesen, dass ihre Ranitidin-Präparate nicht mehr zur Behandlung des ZES eingesetzt werden sollen, auch wenn diese Erkrankung noch als Indikation in den aktuell im Handel befindlichen Arzneimittelpackungen angegeben ist. Die Fach- und Gebrauchsinformationen zukünftiger Chargen werden entsprechend angepasst. Die Indikationseinschränkung beim Zollinger-Ellison-Syndrom bleibt bestehen, solange die Verunreinigung des Wirkstoffs Ranitidin mit NDMA den zulässigen Grenzwert überschreitet.

Sollten Sie ZES-Patient sein und momentan mit Ranitidin AL 150 bzw. 300 oder mit Ranitidin STADA 150 bzw. 300 behandelt werden, sprechen Sie zeitnah mit Ihrem Arzt, damit eine andere, sichere Medikation für Ihre Langzeittherapie gefunden werden kann.

Ihre Mitarbeit ist wichtig!

Mit der Bereitstellung der Roten-Hand-Briefe in einer patienten-freundlicheren Sprache wollen wir Ihre Wahrnehmungsfähigkeit von Nebenwirkungen entwickeln und stärken! Rote-Hand-Briefe zeigen wirkungsvoll, wie wichtig die kontinuierliche Überwachung der Medikamente und die Anpassung der Produktinformationen an neue Erkenntnisse aus Studien sowie Nebenwirkungsmeldungen ist. Die Aktualisierung der Packungsbeilagen trägt dazu bei, dass jedem Patienten die bestmögliche Behandlung sowohl im Hinblick auf deren Wirksamkeit als auch Verträglichkeit angeboten werden kann. Je mehr Informationen auch Sie über Ihre Erfahrungen mit den von Ihnen eingenommenen Medikamenten zur Verfügung stellen, desto besser kann das Risiko eingegrenzt und vorgebeugt werden, dass andere Patienten diese Nebenwirkungen ebenfalls erleiden müssen. Achten Sie deshalb auf körperliche oder psychische Veränderungen während der Medikamenteneinnahme und auch nach deren Ende. Niemand kann das besser beurteilen als Sie selbst, denn Ihren Körper kennen Sie am besten. Ihre Gesundheit und die Gesellschaft werden es Ihnen danken!

Deshalb: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

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Beobachten Sie Nebenwirkungen – egal welcher Art – unter der Behandlung mit z. B. Ranitidin AL 300 oder mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren. Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

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