Rote-Hand-Briefe – was ist das eigentlich?
Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen. So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.
Liebe Patientin, lieber Patient,
lesen Sie hier unsere “patientenfreundliche” Fassung des Rote-Hand-Briefs vom 12. Mai zu brivudin-haltigen Arzneimittel. Die Zulassungsinhaber brivudin-haltiger Medikamente informieren hiermit in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über das Risiko tödlicher Wechselwirkungen mit Fluoropyrimidinen.
Worum geht es?
Infolge einer Wechselwirkung zwischen dem Wirkstoff Brivudin und Wirkstoffen der Arzneimittelgruppe der Fluoropyrimidinen (z. B. Fluorouracil “5-FU”, Capecitabin, Tegafur, Flucytosin) kam es zu Todesfällen.
Wie wirken brivudin-haltige Medikamente?
Der Wirkstoff Brivudin ist ein sogenanntes Virustatikum, das gegen Gürtelrose (Herpes zoster) bei erwachsenen Patienten mit funktionierendem Immunsystem eingesetzt wird (z. B. Zostex, Brivex).
Brivudin hemmt unumkehrbar dauerhaft das Enzym Dihydropyrimidin-Dehydrogenase (DPD), das vom Körper benötigt wird, um Arzneimittel aus der Gruppe der sogenannten Fluoropyrimidinen zu verstoffwechseln. Fluoropyrimidine wie 5-Fluorouracil (5-FU), Capecitabine und Tegafur werden als Chemotherapie zur Behandlung von Krebs eingesetzt.
Flucytosin dient zur Behandlung von Pilzerkrankungen (Antimykotium) der Haut sowie der inneren Organe. Durch die Hemmung des Enzyms DPD werden diese Medikamente sehr viel langsamer abgebaut so.
Dadurch kann es zu einer gefährlichen Ansammlung des Fluoropyrimidins mit erhöhten Konzentrationen im Blut kommen. Hier können möglicherweise tödlichen Folgen auftreten.
Symptome der verstärkt schädlichen (toxischen) Wirkung eines solchen Arzneimittels können sein:
- Extreme Übelkeit, Erbrechen, Durchfall
- Schwere Entzündungen der Schleimhäute (z.B. im Mund, sogenannte Stomatitis, oder im Magen-Darm-Trakt mit Geschwüren und Blutungen)
- Extreme Verminderung der Anzahl der Blutkörperchen (Neutropenie oder Panzytopenie infolge der unterdrückten Neubildung der Blutzellen im Knochenmark) mit der Gefahr unbeherrschbarer Infektionen (Sepsis)
- Schädigung des zentralen Nervensystems (Gehirn) und der peripheren Nervenbahnen
Wann darf Brivudin nicht angewendet werden?
Aus diesem Grund dürfen brivudin-haltige Medikamente nicht angewendet werden, wenn…:
- …Patienten kürzlich eine Krebs-Chemotherapie bekommen haben, derzeit erhalten oder innerhalb von 4 Wochen erhalten sollen und Präparate mit den Wirkstoffen 5-Fluorouracil, Capecitabin oder Tegafur verwendet werden.
- …Patienten kürzlich wegen einer Pilzerkrankung der Haut oder der inneren Organe mit Flucytosin behandelt wurden oder aktuell werden, da eine kleine Menge dieses Wirkstoffs in Fluorouracil umgewandelt wird.
- … Patienten ein geschwächtes Immunsystem haben, da sie kürzlich eine Krebsbehandlung (mit anderen, nicht fluoropyridin-haltigen Chemotherapeutika) erhalten haben oder derzeit erhalten.
- Patienten beispielsweise wegen einer Autoimmunerkrankung eine ihr Immunsystem unterdrückende Behandlung (Immunsuppressiva wie z.B. Kortison oder Methotrexat) erhalten.
Was ist zu tun?
Nach Abschluss einer Behandlung mit Brivudin müssen mindestens 4 Wochen vergangen sein, bis die Behandlung mit einem Fluoropyrimidin begonnen werden darf. Nur so können tödliche Wechselwirkungen vermieden werden. Auf die Wichtigkeit der Einhaltung dieser Wartezeit wird künftig in der Packungsbeilage und auf dem Umkarton von brivudin-haltigen Arzneimitteln noch deutlicher als bisher hingewiesen.
Jede Packung eines brivudin-haltigen Arzneimittels wird künftig außerdem eine Patientenkarte enthalten. Auf dieser werden die wichtigsten Informationen über die potenziell tödliche Wechselwirkung zwischen Brivudin und fluoropyrimidin-haltigen Arzneimitteln für Patienten und Angehörige von Gesundheitsberufen zusammengefasst.
Die Patienten sollen diese Karte während und bis mindestens 4 Wochen nach Ende einer Brivudin-Behandlung ihren Ärzten (auch beim Hautarzt) und in der Apotheke vorzeigen. Damit kann die lebensbedrohliche Gefahr einer Wechselwirkung mit einem Fluoropyrimidin-haltigen Arzneimittel rechtzeitig erkannt und Todesfälle vermieden werden.
Ihre Mitarbeit ist wichtig!
Mit der Bereitstellung der Roten-Hand-Briefe in einer patienten-freundlicheren Sprache wollen wir Ihre Wahrnehmungsfähigkeit von Nebenwirkungen entwickeln und stärken!
Rote-Hand-Briefe zeigen wirkungsvoll, wie wichtig die kontinuierliche Überwachung der Medikamente und die Anpassung der Produktinformationen an neue Erkenntnisse aus Studien sowie Nebenwirkungsmeldungen ist.
Die Aktualisierung der Packungsbeilagen trägt dazu bei, dass jedem Patienten die bestmögliche Behandlung sowohl im Hinblick auf deren Wirksamkeit als auch Verträglichkeit angeboten werden kann.
Stellen Sie Informationen über Ihre Erfahrungen zur Verfügung! Umso besser kann das Risiko eingegrenzt und diesem vorgebeugt werden, dass andere Patienten diese Nebenwirkungen ebenfalls erleiden müssen.
Achten Sie deshalb auf körperliche oder psychische Veränderungen während der Medikamenteneinnahme und auch nach deren Ende. Niemand kann das besser beurteilen als Sie selbst, denn Ihren Körper kennen Sie am besten. Ihre Gesundheit und die Gesellschaft werden es Ihnen danken!
Deshalb: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!
Beobachten Sie Nebenwirkungen – egal welcher Art – unter der Behandlung mit Cyproteronacetat oder auch mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden.
Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren. Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden.
Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei. So schaffen wir gemeinsam eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln.