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Anagrelid: Thromboserisiko einschließlich Hirninfarkt nach abruptem Absetzen der Behandlung

Anagrelid: Thromboserisiko einschließlich Hirninfarkt nach abruptem Absetzen der Behandlung

Rote-Hand-Briefe – was ist das eigentlich?

Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen. So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.

Liebe Patientin, lieber Patient,

lesen Sie hier unsere “patientenfreundliche” Fassung des Rote-Hand-Briefes vom 22. Februar 2022 zu Anagrelid (Handelsname z.B. Xagrid)

Worum geht es?

Die Zulassungsinhaber von Xagrid (Anagrelidhydrochlorid), Takeda Pharmaceuticals International AG Ireland Branch und die Takeda GmbH informieren in Abstimmung mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) darüber, dass bei abruptem Absetzen von Anagrelid ein erhöhtes Risiko für thrombotische Komplikationen, einschließlich Hirninfarkt, besteht.

Daher muss ein abruptes Absetzen der Behandlung aufgrund des Risikos eines plötzlichen Anstiegs der Thrombozytenzahl vermieden werden.

Im Falle einer Dosisunterbrechung oder eines Behandlungsabbruchs ist die Anzahl der Blutplättchen (Thrombozytenzahl) regelmäßig zu kontrollieren.

Die behandelnden Ärzte sollen ihren Patienten erläutern, wie sie frühzeitig Anzeichen und Symptome erkennen können, die auf thrombotische Komplikationen wie z. B. einen Hirninfarkt hindeuten, und dass sie beim Auftreten dieser Symptome unverzüglich einen Arzt aufsuchen sollten.

Xagrid (Anagrelid) wird Patienten zur Verringerung erhöhter Thrombozytenzahlen verordnet. Dies betrifft besonders Risikopatienten mit essentieller Thrombozythämie, die ihre derzeitige Therapie nicht vertragen oder deren erhöhte Thrombozytenzahl durch ihre derzeitige Therapie nicht auf ein akzeptables Maß gesenkt wird.

Die essentielle Thrombozythämie (ET, PT, primäre oder auch idiopathische Thrombozythämie) ist eine chronische Erkrankung des Knochenmarks. Dabei werden Blutplättchen (Thrombozyten) in übermäßiger Zahl gebildet. Idiopathisch bedeutet, dass die Erkrankung ohne erkennbare Ursache, selbstständig, unabhängig von anderen Krankheiten entstanden ist.
Wegen einer deutlich erhöhten Produktion von Blutplättchen erhöht sich das Risiko für Blutgerinnsel (Thrombosen).
Anagrelid hemmt die Reifung von Vorläuferzellen der Blutplättchen im Knochenmark. Dadurch vermindert es die Neubildung und somit die Anzahl von Blutplättchen.

Hintergrundinformationen:

Eine Analyse der Sicherheitsdatenbank des Unternehmens bis zum 6. August 2021 zeigte 15 unerwünschte Ereignisse, bei denen es zu Komplikationen aufgrund von Blutgerinnseln (Thrombosen), einschließlich Hirninfarkt, nach einem kürzlichen Absetzen von Anagrelid gekommen war. Es wurde der Schluss gezogen, dass ein Hirninfarkt zusammen mit anderen thrombotischen Komplikationen zwar Teil oder Folge der bereits bestehenden Erkrankung ist, nämlich einer krankhaften Vermehrung der Blutplättchen, die ja den Grund für die Einnahme von Anagrelid darstellt. Aber auch ein abruptes Absetzen von Anagrelid oder seine unzureichende Dosierung oder eine mangelnde Wirkung aus anderen Gründen kann für die Entwicklung der Blutgerinnsel eine Rolle gespielt haben.

Der Mechanismus zum Auftreten von Blutgerinnseln mit der Gefahr eines Hirninfarkts nach abruptem Absetzen der Behandlung hängt mit dem Wiederanstieg der Anzahl der Blutplättchen (Thrombozyten) zusammen. Die Thrombozytenzahl beginnt in der Regel innerhalb von 4 Tagen nach dem Absetzen von Anagrelid wieder anzusteigen. Dabei kann sie möglicherweise als überschießende Reaktion (sogenanntes Rebound-Phänomen) sogar über die ursprünglichen Ausgangswerte hinaus wachsen. Innerhalb von ein bis zwei Wochen kehrt die Thrombozytenzahl wieder auf das Ausgangsniveau zurück.

Takeda hat nun auf der Grundlage der verfügbaren Informationen die Sicherheitsinformationen in den Abschnitten „Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung“ und „Nebenwirkungen” der Fach- und Gebrauchsinformation aktualisiert, um auf dieses nach abruptem Absetzen von Anagrelid mögliche, unter Umständen schwerwiegende und lebensbedrohliche Risiko hinzuweisen.

Da es sich um ein wirkstoff-abhängiges Geschehen handelt, dessen Auftreten nicht an das Handelsprodukt Xagrid des Herstellers Takeda gebunden ist, ist dieser Rote-Hand-Brief für alle Anagrelid-haltigen Arzneimittel gleichermaßen gültig.

Was ist zu tun? 

Wenn Sie ein Anagrelid-Präparat zur Behandlung einer essentiellen Thrombozythämie einnehmen, beenden Sie keinesfalls die Behandlung eigenmächtig, sondern halten Sie unbedingt Rücksprache mit Ihrem Arzt!

Wenn die Einnahme von Anagrelid dann pausiert oder beendet wurde, wird Ihr Arzt Sie zur Überwachung Ihrer Thrombozytenwerte nach dem Absetzen von Anagrelid einbestellen. Nehmen Sie solche Termine im Interesse Ihrer Gesundheit unbedingt wahr!

Achten Sie bitte auch selbst auf Anzeichen einer sich möglicherweise entwickelnden Thrombose.

Die folgenden Beschwerden können Hinweise auf das Vorhandensein einer Thrombose sein:

  • Beinschwellung
  • Bauchschmerzen
  • Kurzatmigkeit (vor allem, wenn sie ohne körperliche Anstrengung auftritt)
  • Schmerzen in der Brust, Stiche beim Einatmen 
  • Anhaltende Kopfschmerzen
  • Anhaltende Übelkeit, Brechreiz
  • Anhaltender Schwindel
  • Sehstörungen (z.B. Verschwommen-Sehen)

Wenn Sie solche Beschwerden bemerken, gehen Sie bitte unverzüglich zum Arzt!

Außerdem: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Anagrelid (z. B. Xagrid von Takeda) oder auch mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie die **Rote-Hand-Briefe** wirkungsvoll zeigen.

Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

Quellen: RHB

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