Dinoproston-haltige Arzneimittel (Minprostin, Prepidil, Propess): Aktualisierung der Produktinformationen

Dinoproston-haltige Arzneimittel (Minprostin, Prepidil, Propess): Aktualisierung der Produktinformationen

Dinoproston-haltige Arzneimittel (Minprostin, Prepidil, Propess): Aktualisierung der Produktinformationen

Aktualisierung der Produktinformationen zur Verringerung des Risikos von Überstimulation der Gebärmutter zur Wehentätigkeit, Gebärmutter-Riss und Tod des Kindes während oder kurz nach der Geburt

Rote-Hand-Briefe – was ist das eigentlich?

Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen.

So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.

Liebe Patientin,

lesen Sie hier unsere “patientenfreundliche” Fassung des Rote-Hand-Briefes vom 28. Juni 2021 zu Dinoproston (Minprostin, Prepidil, Propess).

Worum geht es?

Die Zulassungsinhaber/Hersteller von Präparaten mit dem Wirkstoff Dinoproston informieren in einer mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) abgestimmten Erklärung über die Verstärkung der Warnhinweise zur Verringerung des Risikos von Überstimulation der Gebärmutter zur Wehentätigkeit, Gebärmutter-Riss und Tod des Kindes während oder kurz nach der Geburt.

Die Produktinformationen der Dinoproston-haltigen Arzneimittel Minprostin und Prepidil (Pfizer) sowie Propess (Ferring) werden dementsprechend bezüglich folgender Punkte aktualisiert:

  • Verstärkung der Warnhinweise und Empfehlungen zu den Risiken der Überstimulation der Gebärmutter zur Wehentätigkeit und von Gebärmutter-Riss (Uterusruptur) sowie deren schwerwiegenden Komplikationen und Folgen, einschließlich des Todes des Kindes während oder kurz nach der Geburt.
  • Beschränkung der Anwendung auf qualifiziertes medizinisches Fachpersonal und auf Krankenhäuser und Kliniken mit spezialisierten geburtshilflichen Abteilungen mit Einrichtungen zur kontinuierlichen Überwachung.
  • Verstärkung des Warnhinweises und der Empfehlungen bezüglich der Höchstdosis (Minprostin, Prepidil, Propess) und des Dosierungsintervalls (Minprostin, Prepidil).

Verstärkung der Kontraindikationen (PROPESS), sowie der Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen zur Anwendung, inklusive derer zu einer nachfolgenden zusätzlichen Oxytocingabe.

Was ist Dinoproston?

Dinoproston ist ein Wirkstoff aus der Gruppe der Prostaglandine. Dabei handelt es sich um Gewebshormone, die im gesamten Organismus vorkommen. Ihr Name leitet sich von der Prostata-Drüse (englisch: prostate gland) ab, weil man das Hormon zuerst im männlichen Samenerguss gefunden hatte. Die Prostaglandine werden in verschiedene Untergruppen unterteilt. Die Wirkung dieser Gewebshormone ist vielfältig: Es gibt Prostaglandine, die zur Erweiterung der Blutgefäße führen und damit den Blutdruck senken oder die Durchblutung verbessern können; andere wirken am Auge und senken den Augeninnendruck (sie sind in Augentropfen enthalten, die bei grünem Star – Glaukom – verordnet werden).

Dinoproston ist ein sogenanntes Prostaglandin E2-Derivat. Bei Verabreichung in die Scheide oder direkt in den Gebärmutterhalskanal führt es zu einer Verkürzung des Gebärmutterhalses mit Lockerung der Gewebestruktur (Zervix-Reifung) in der Vorgeburtsphase, wodurch die Öffnung des Muttermunds vorbereitet wird, und regt die Gebärmuttermuskulatur zur Wehentätigkeit an.

In Deutschland sind derzeit folgende Dinoproston-haltige Arzneimittel zugelassen:

  • Prepidil Gel ist zur medizinisch notwendigen Geburtseinleitung bei Schwangeren mit unreifem Gebärmutterhals (Cervix uteri) zugelassen.
  • Minprostin E2 Vaginalgel ist bei Schwangeren am Entbindungstermin oder nahe am Termin mit ausreichender Geburtsreife des Gebärmutterhalses und Einlingsschwangerschaft indiziert.
  • Minprostin E2 Vaginaltabletten sind angezeigt zur Geburtseinleitung bei Patientinnen mit ausreichender Geburtsreife des Gebärmutterhalses.
  • PROPESS 10 mg vaginales Freisetzungssystem ist indiziert zur Einleitung der Zervixreifung in der Spätschwangerschaft (ab Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche).

Hintergrund der Sicherheitsbedenken

Im Zuge der Bewertung periodischer Sicherheitsberichte zu Dinoproston-haltigen Arzneimitteln durch die europäische Arzneimittelbehörde EMA wurden die vorliegenden Fallberichte von Überstimulation der Gebärmutter zur Wehentätigkeit (uterine Hyperstimulation), Gebärmutter-Riss (Uterusruptur) mit bedrohlichen Blutungen der Gebärmutter, die unter Umständen sogar die Entfernung der Gebärmutter notwendig macht, sowie die damit verbundenen Komplikationen für das Kind während und kurz nach der Geburt (einschließlich dem fetalen bzw. neonatalen Tod) gesondert betrachtet.

Obwohl die Risikofaktoren für diese schwerwiegenden Nebenwirkungen bei Dinoproston (z.B. Überschreitung der empfohlenen Dosierungsmenge, ein kürzeres Dosierungsintervall als empfohlen, ein vorausgegangener Kaiserschnitt sowie eine gleichzeitige Verabreichung des Wehenmittels Oxytocin) bereits in den Produktinformationen dieser Arzneimittel aufgeführt sind, werden diese nun wie folgt aktualisiert, um noch eindringlicher auf die Gefahren hinzuweisen und so die Risiken für Schwangere und Föten bzw. Neugeborene weiter zu reduzieren:

Kapitel “Dosierung, Art und Dauer der Anwendung”

Die Anwendung Dinoproston-haltiger Arzneimittel ist auf qualifiziertes medizinisches Fachpersonal und Krankenhäuser/Kliniken mit spezialisierten geburtshilflichen Abteilungen mit Einrichtungen zur kontinuierlichen Überwachung beschränkt:

  • Minprostin, Prepidil Gel: Die bisher empfohlene Dosierung darf nicht überschritten und das Dosierungsintervall nicht verkürzt werden, da dies das Risiko für uterine Hyperstimulation, Uterusruptur, uterine Blutungen sowie fetalen und neonatalen Tod des Kindes erhöht.
  • Propess: Nach der Einlage des vaginalen Freisetzungssystems in die Scheide müssen die Wehentätigkeit (Uterusaktivität) und der Zustand des ungeborenen Kindes (anhand des fetalen Herzschlags) sorgfältig und regelmäßig überwacht werden. Es wird nur eine einzige einmalige Anwendung empfohlen.

Kapitel “Gegenanzeigen” und “Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung”

Verdeutlichung von möglichen Risikofaktoren für eine Uterushyperstimulation sowie die Notwendigkeit einer kontinuierlichen Überwachung der Uterusaktivität und der fetalen Herzfunktion durch CTG-Aufzeichnung (CTG = Cardio-Toko-Gramms, auch “Wehenschreiber” genannt, der neben der Wehenstärke der werdenden Mutter auch die Geschwindigkeit des Herzschlag des ungeborenen Kindes in der Gebärmutter sichtbar macht).

Kapitel “Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen”

  • Minprostin, Prepidil: Die gleichzeitige Anwendung des Wehenmittels Oxytocin wird nicht empfohlen. Sollte eine Oxytocingabe im Nachgang notwendig werden, muss ein Mindestabstand von sechs Stunden nach der letzten Anwendung von Minprostin bzw. Prepidil eingehalten werden.
  • Propess: Die Angaben zum Mindestabstand einer nachfolgenden zusätzlichen Oxytocingabe nach der Entfernung von PROPESS sind unverändert: Demnach darf Oxytocin frühestens 30 Minuten nach der Entfernung des vaginalen Freisetzungssystems verabreicht werden.

Kapitel “Nebenwirkungen”

Als schwerwiegende Ereignisse werden „fetaler Tod, Totgeburt und neonataler Tod“ als Nebenwirkung mit noch unbekannter Häufigkeit in der Produktinformation Dinoproston-haltiger Arzneimittel ergänzt; diese sind insbesondere im Zusammenhang mit dem Auftreten einer Uterusruptur beobachtet wurden.

Dinoproston: Was ist zu tun?

Die Notwendigkeit einer Geburtseinleitung oder Unterstützung der Wehentätigkeit ist schwer vorhersehbar und noch weniger planbar. In der nicht selten bedrohlichen Akutsituation fehlt dann leider oft die Zeit, noch ein informatives Aufklärungsgespräch über Nutzen und Risiken eines anzuwendenden Arzneimittels zu führen.

Wenn Sie als Schwangere aber eine Klinik zur Entbindung aussuchen, sollten Sie ihre Entscheidung insbesondere unter Berücksichtigung der dort jeweils praktizierten medizinischen Geburtsbegleitung einschließlich Geburtseinleitungs- und Überwachungsmethoden treffen. Dies gilt umso mehr, wenn bei Ihnen eine so genannte Risikoschwangerschaft vorliegt, wenn Sie beispielsweise jünger als 18 oder älter als 35 Jahre sind, wenn es bei einer früheren Schwangerschaft zu Komplikationen gekommen ist wie Fehl- oder Frühgeburt oder Entbindung durch Kaiserschnitt. Eine Risikoschwangerschaft liegt auch vor bei aktueller Mehrlingsschwangerschaft, drohender Frühgeburt oder Überschreiten des errechneten Geburtstermins.
Wichtig ist auch, dass Sie oder die Sie begleitende Vertrauensperson auf solche bestehenden Risiken, auch wenn diese natürlich in Ihrem Mutterpass ordnungsgemäß verzeichnet sind, nochmals ausdrücklich hinweisen.

Außerdem: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Behandlung mit einem Dinoproston-haltigen Wirkstoff (Minprostin, Prepidil, Propess) oder auch mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie die **Rote-Hand-Briefe** wirkungsvoll zeigen.

Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

Quellen: RHB

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