Forxiga (Dapagliflozin) 5 mg: Keine Zulassung mehr bei Typ-1 Diabetes mellitus

Forxiga (Dapagliflozin) 5 mg: Keine Zulassung mehr bei Typ-1 Diabetes mellitus

Forxiga (Dapagliflozin) 5 mg: Keine Zulassung mehr bei Typ-1 Diabetes mellitus

Rote-Hand-Briefe – was ist das eigentlich?

Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen.

So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.

Liebe Patientin, lieber Patient,

lesen Sie hier unsere “patientenfreundliche” Fassung des Rote-Hand-Briefes vom 29. Oktober 2021 zu Forxiga (Dapagliflozin) 5 mg.

Worum geht es?

Der Zulassungsinhaber/Hersteller von Forxiga (Dapagliflozin), das Unternehmen AstraZeneca, informiert in einer mit der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) abgestimmten Erklärung, dass Dapagliflozin 5 mg seit dem 25.10.2021 nicht mehr zur Behandlung des Typ-1 Diabetes mellitus zugelassen ist und nicht mehr bei diesen Patienten angewendet werden darf.

Die anderen Indikationen von Dapagliflozin 5 und 10 mg (Diabetes mellitus Typ 2, Herzinsuffizienz, chronische Niereninsuffizienz) sind von der Zulassungsänderung nicht betroffen. 

Bisher war Dapagliflozin 5 mg auch zugelassen zur Behandlung von übergewichtigen Patienten (Body Mass Index = BMI von 27 kg/m2 und darüber) mit Typ-1 Diabetes mellitus, bei denen trotz einer reichlichen Gabe von Insulin die Blutzuckerwerte nicht ausreichend gesenkt /normalisiert werden können.   

Diabetische Ketoazidose ist eine bekannte, aber seltene Nebenwirkung von Dapagliflozin bei Patienten mit Typ-2 Diabetes mellitus.
In Studien zu Dapagliflozin bei Typ-1 Diabetes mellitus hingegen wurde diabetische Ketoazidose „häufig“ (bei mindestens bei 1 von 100 Patienten) berichtet.
Wegen des in dieser Patientengruppe offensichtlich deutlich erhöhten Ketoazidose-Risikos hat der Hersteller nun die Indikation Typ-1 Diabetes mellitus für Dapagliflozin 5 mg zurückgezogen. Die bisher bereitgestellten Schulungsmaterialien zur Minimierung des Risikos einer diabetischen Ketoazidose bei Typ-1 Diabetes mellitus stehen infolgedessen auch nicht mehr zur Verfügung.

  • Bei Patienten mit Typ-1 Diabetes mellitus, die aktuell zusätzlich zur Insulin-Therapie mit Dapagliflozin (Forxiga) 5 mg behandelt werden, muss Dapagliflozin abgesetzt werden, auch wenn bei dem betreffenden Patienten unter dieser Kombination bisher noch keine Ketoazidose aufgetreten ist. Das Absetzen von Dapagliflozin muss von einem auf die Behandlung des Diabetes mellitus spezialisierten Arzt erfolgen.
  • Nach dem Absetzen von Dapagliflozin wird empfohlen, den Blutzucker engmaschig zu überwachen und eine ggf. erforderliche Erhöhung der Insulindosis (als Ausgleich für das weggefallene Dapagliflozin) vorsichtig zu gestalten, um ein zu starkes Absinken des Blutzuckerspiegels (Hypoglykämie) rechtzeitig erkennen und behandeln zu können.

Was ist eine diabetische Ketoazidose?

Es handelt sich um eine Übersäuerung (Azidose) des Blutes, die bei Patienten mit Diabetes mellitus durch eine tiefgreifende Störung des Zuckerstoffwechsels als Folge eines chronischen Mangels oder gänzlichen Fehlens von Insulin entsteht. Der Name Ketoazidose bezieht sich auf die sogenannten Ketone oder Ketonkörper (z.B. Azeton und Hydroxybutyrat), die bei dieser Form der Übersäuerung im Blut vorhanden sind. Sie entstehen in Situationen des Kohlenhydratmangels, der entweder bei Hungerzuständen und unausgewogener, einseitiger kohlenhydratarmer Ernährung oder bei normaler Ernährung durch den Mangel an Insulin, also beim Diabetes mellitus, entsteht. Denn wenn Insulin fehlt, kann die Glukose (kleinster Bestandteil der Kohlenhydrate) nicht aus dem Blut (wohin sie aus der Nahrung über den Magen-Darm-Trakt gelangt) in die Zellen eingeschleust werden und steht dort als Energieträger nicht zur Verfügung. Der Stoffwechsel gerät bei einem Diabetiker aufgrund des Insulinmangels trotz ausreichender bzw. sogar überreichlich vorhandener Glukose (Hyperglykämie) im Blut in einen Hungerzustand. Der Körper versucht sich an einer alternativen Energiegewinnung aus Fett und Eiweiß, wodurch Ketonkörper entstehen. Die Körperausdünstungen (ausgeatmete Luft, Schweiß, Urin) eines Patienten mit Ketoazidose haben den typischen Geruch nach Nagellackentferner, der vom Ketonkörper Aceton herrührt. 

Die Gabe von Insulin führt dazu, dass die Glukose aus dem Blut wieder in die Zellen aufgenommen werden kann, wodurch messbar der Blutzuckerspiegel des Diabetikers sinkt.

Medikamente wie Dapagliflozin (Forxiga) senken ebenfalls den Blutzuckerspiegel. Sie blockieren ein Enzym namens SGLT-2 in der Niere und werden daher auch als SGLT-2-Inhibitoren bezeichnet. Durch die Blockierung dieses Enzyms verhindern sie, dass aus dem in der Niere gebildeten Ultrafiltrat des Blutes, der Vorstufe des Urin, der darin enthaltene Zucker wieder zurück ins Blut transportiert wird. Dadurch wird dann mehr Zucker (Glukose) mit dem Harn ausgeschieden, und der Zuckergehalt des Blutes verringert sich. Dabei kann sich aber auch ein Zuckermangel entwickeln, der – insbesondere bei gleichzeitiger Insulingabe – in die Ketoazidose führt.

Die Ketoazidose ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der intensiv-medizinischer Behandlung bedarf. Sie zeigt sich klinisch zunächst durch unspezifische Symptome wie Atembeschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Polyurie (übermäßige Harnausscheidung) und als deren Folge vermehrten Durst und Schwäche. Im weiteren Verlauf kommt es zur Trübung und Verlust des Bewusstseins (ketoazidotisches Koma), tiefen Atemzügen mit typischem Azetongeruch der Atemluft und Austrocknung (Dehydrierung, Exsikkose). Unmittelbar todesursächlich kommt es schließlich zu Herz-Kreislauf- und Multiorganversagen.        

Was ist zu tun?

Wenn Sie an einem Typ-1 Diabetes leiden und bisher mit Insulin plus Forxiga 5 mg behandelt werden, wird Ihr Arzt entweder direkt auf Sie zukommen oder Ihnen spätestens beim nächsten Kontrolltermin mitteilen, dass für Dapagliflozin (Forxiga) 5 mg als Zusatzbehandlung zu Insulin keine Zulassung mehr besteht und Forxiga 5 mg bei Ihnen abgesetzt werden muss.

Die Wahl des richtigen Zeitpunkts zur Beendigung der Forxiga-Einnahme bestimmt Ihr Arzt. Setzen Sie Forxiga also keinesfalls eigenmächtig nach dem Lesen dieses Rote-Hand-Briefs ab, sondern wenden Sie sich zeitnah an Ihren Arzt.

Ihr Arzt wird Ihren Blutzuckerspiegel nach dem Absetzen von Forxiga engmaschig überwachen bzw. Ihnen aufgeben, dies selbst zu tun und ihm die Blutzuckerwerte regelmäßig mitzuteilen, damit die Dosierung der bereits bestehenden Insulin-Therapie entsprechend angepasst werden kann. Bei jeder Änderung der Insulindosis sind gleichfalls engmaschige Kontrollen der Blutzuckerwerte erforderlich, um das Behandlungsergebnis beobachten und ggf. weitere  Dosiskorrekturen vornehmen zu können.

Sollte sich während der noch laufenden Einnahme von Forxiga Ihr Gesundheitszustand im Sinne der oben beschriebenen möglichen Symptome einer diabetischen Ketoazidose verschlechtern, wenden Sie sich bitte umgehend an Ihren behandelnden Arzt oder an den medizinischen Notdienst.

Außerdem: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Forxiga (Dapagliflozin) oder auch mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus,  um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie die **Rote-Hand-Briefe** wirkungsvoll zeigen.

Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

Quellen: RHB

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