L-Thyroxin: Verfälschte Laborergebnisse bei Anwendung von Biotin

L-Thyroxin: Verfälschte Laborergebnisse bei Anwendung von Biotin

L-Thyroxin: Verfälschte Laborergebnisse bei Anwendung von Biotin

Was sind Drug Safety Mails?

Drug Safety Mail oder zu Deutsch: Arzneimittel-Sicherheitsbrief ist der Name des Newsletters der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Sie werden regelmäßig veröffentlicht und enthalten – ähnlich wie die Rote-Hand-Briefe – aktuelle Informationen zu möglichen Risiken von Medikamenten. Um Ihnen die bestmögliche medizinische Aufklärung zu bieten, möchten wir Ihnen auch diese Informationen in einer patienten-freundlicheren Sprache zugänglich machen.

Liebe Patientin, lieber Patient,

lesen Sie hier unsere “patientenfreundliche” Fassung der Arzneimittelsicherheitsinformation der Arzeimittelkommission (AkdÄ) vom 22. Dezember 2022 über das Risiko von verfälschten Laborergebnissen bei gleichzeitiger Einnahme von Biotin.

Worum geht es?

Die AkdÄ macht darauf aufmerksam, dass die Einnahme von Biotin fälschlicherweise erhöhte oder erniedrigte Ergebnisse verursachen kann, wenn zur Bestimmung des Schilddrüsenstatus bestimmte Immunoassays eingesetzt werden. Das Risiko verfälschter Ergebnisse steigt mit der Dosis von Biotin. Da derartige Testergebnisse unter anderem zur Anpassung der Dosis von L-Thyroxin verwendet werden und verfälschte Testergebnisse eine unangemessene Patientenbehandlung zur Folge haben können, sind Änderungen der Produktinformation L-Thyroxin-haltiger Arzneimittel geplant, über die das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert:

  • Vor Durchführung von Schilddrüsenfunktionstests sollten Patienten nach der Einnahme von Biotin gefragt werden.
  • Patienten sollten den Arzt und/oder das Laborpersonal über die Einnahme (auch eine kurz zurückliegende) von Biotin informieren.
  • Bei der Interpretation der Testergebnisse sollte eine mögliche Wechselwirkung mit Biotin bedacht werden, insbesondere wenn diese nicht mit der klinischen Symptomatik und/oder Ergebnissen anderer Untersuchungen übereinstimmen.
  • Bei Anwendung von Biotin sollte das Labor informiert und ggf. dort alternative Tests zur Bestimmung des Schilddrüsenstatus verwendet werden.

Betroffen sind Immunoassays, die auf einer Interaktion zwischen Biotin und Streptavidin basieren. Dieses Prinzip wird je nach Hersteller auch bei der Untersuchung anderer Laborwerte verwendet (z. B. Hormone, Herz-, Tumor-, Infektionsmarker). Biotin wird auch als Vitamin H, Vitamin B7 oder Vitamin B8 bezeichnet und kommt in zahlreichen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln vor.

Weitere aktuelle Änderungen der Produktinformation L-Thyroxin-haltiger Arzneimittel betreffen Wechselwirkungen mit

  • Johanniskraut: Durch die Einnahme von Johanniskraut ist eine verminderte Serumkonzentration und somit eine verminderte Wirkung von L-Thyroxin möglich.
  • Protonenpumpeninhibitoren (PPI): Arzneimittel wie Pantoprazol. Omeprazol oder Esomeprazol schützen die Magenschleimhaut, indem sie die Bildung von Magensäure verringern. Ein weniger saurer Magensaft kann aber eine schlechtere Aufnahme von Nährstoffen aus der Nahrung und auch von Medikamenten aus dem Magen ins Blut zur Folge haben. So ist auch eine verringerte Absorption von Schilddrüsenhormonen möglich; regelmäßige klinische und laborchemische Überwachung der Schilddrüsenfunktion und ggf. die Anpassung der Schilddrüsenhormondosis werden empfohlen. Umgekehrt ist auch Vorsicht geboten, wenn PPI-Präparate abgesetzt werden und sich die Aufnahme von Schilddrüsenhormon aus dem Magen ins Blut wieder erhöht. Dann kann die zuvor an die gleichzeitige Einnahme eines PPI-Präparates angepasste (erhöhte) Dosis des Schilddrüsenhormons auf einmal zu hoch sein und Symptome einer Schilddrüsenüberfunktion hervorrufen.

Hintergrundinformationen

Wir verweisen auf den ausführlichen Rote-Hand-Brief von Mai 2019, in dem die Hersteller Biotin-haltiger Arzneimittel über die Auswirkungen und Risiken einer – nicht beachteten – möglichen Wechselwirkung mit Labortest-Verfahren und einer fehlerhaften Interpretation der so gewonnenen Ergebnisse informiert haben.

Was ist zu tun?

Wenn Sie Biotin oder ein Biotin-haltiges Arzneimittel einnehmen, dann beachten Sie bitte folgendes:

  • Informieren Sie den Arzt und/oder das Laborpersonal über Ihre Einnahme (auch eine kurz zurückliegende) von Biotin.
  • Erkundigen Sie sich bei Ihrem Arzt oder beim Laborpersonal, welches Testverfahren bei Ihnen zur Anwendung gelangen soll und ob es dabei Wechselwirkungen mit Biotin geben kann.
  • Falls Wechselwirkungen des Testverfahrens mit Ihrer Biotin-Einnahme bekannt sind, erkundigen Sie sich bitte, ob es andere Testmethoden gibt, die das Ergebnis der geplanten Laboruntersuchung nicht beeinflussen würden.

Außerdem: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Biotin oder L-Thyroxin oder auch mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie das Instrument der **Rote-Hand-Briefe** und der Arzneimittelsicherheitsinformationen wirkungsvoll zeigt.

Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

Quellen:

DSM vom 22.12.2022

Rote-Hand-Brief vom Mai 2019 der Zulassungsinhaber von Biotin: Risiko falscher Ergebnisse von Laboruntersuchungen durch Biotininterferenzen:

https://www.nebenwirkungen.de/biotin-und-biotinhaltigen-arzneimitteln-risiko-falscher-ergebnisse-von-laboruntersuchungen-durch-biotininterferenzen/

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