Paxlovid: Risiko für Medikationsfehler

Paxlovid: Risiko für Medikationsfehler

Paxlovid: Risiko für Medikationsfehler

Was sind Drug Safety Mails?

Drug Safety Mail oder zu Deutsch: Arzneimittel-Sicherheitsbrief ist der Name des Newsletters der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Sie werden regelmäßig veröffentlicht und enthalten – ähnlich wie die Rote-Hand-Briefe – aktuelle Informationen zu möglichen Risiken von Medikamenten. Um Ihnen die bestmögliche medizinische Aufklärung zu bieten, möchten wir Ihnen auch diese Informationen in einer patienten-freundlicheren Sprache zugänglich machen.

Liebe Patientin, lieber Patient,

Lesen Sie hier unsere “patientenfreundliche” Fassung der Arzneimittelsicherheitsinformationen der Arzeimittelkommission (AkdÄ) vom 06. Januar 2023  über das Risiko von Medikationsfehlern bei der Behandlung mit Paxlovid.

Worum geht es?

Hausärzte dürfen seit August 2022 das oral anwendbare antivirale Medikament Paxlovid zur Behandlung von COVID-19 direkt an ihre Patienten abgeben, ein in der Humanmedizin einmaliger Vorgang, da üblicherweise Arzneimittel – zumal rezeptpflichtige –  nur durch eine Apotheke abgegeben werden dürfen.

Paxlovid ist zugelassen für erwachsene Patienten, die an Covid-19 erkrankt sind, keinen zusätzlichen Sauerstoff benötigen, aber ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf haben. Dazu gehören Patienten ohne vollständige Immunisierung gegen COVID-19 (unzureichende Anzahl von Impfungen oder ein unzureichendes Impfansprechen) sowie Patienten mit vollständiger Immunisierung und Immunkompetenz, aber komplexen Risikofaktoren: Alter über 65 Jahren, Diabetes mellitus, chronische Nierenbeschwerden und schweres Übergewicht (BMI 40 kg/m2 oder mehr).

Paxlovid wird übergangsweise mit einer englischen Verpackung und ohne Gebrauchsinformation in Verkehr gebracht. Der Arzt muss daher dem Patienten zusammen mit dem Arzneimittel die Gebrauchsinformation aushändigen, die auf der Internetseite des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte verfügbar ist: www.bfarm.de/covid-19-arzneimittel.

Paxlovid ist ein Zwei-Komponenten-Arzneimittel bestehend aus Nirmatrelvir und Ritonavir in separaten Tabletten. Eine Einzeldosis besteht aus 3 einzelnen Tabletten unterschiedlicher Farbe. Die jeweils morgendliche und abendliche Gabe für einen Tag sind zusammen verblistert.
Jede Einzeldosis besteht aus zwei rosafarbenen Tabletten mit je 150 mg Nirmatrelvir (also 300 mg), und einer weißen Tablette mit 100 mg Ritonavir.
Diese wird zweimal täglich im Abstand von zwölf Stunden an fünf aufeinanderfolgenden Tagen eingenommen. Folglich beträgt eine Tagesdosis 600 mg Nirmatrelvir (4 rosa Tabletten) und 200 mg Ritonavir (2 weiße Tabletten).

Eine Paxlovid-Packung beinhaltet somit 5 Blister, die jeweils farblich unterteilt sind für die morgendliche Einnahme (golden, mit einem Sonnensymbol, ggf. mit der Aufschrift „Morning Dose“) und für die abendliche Einnahme (blau, mit Halbmondsymbol, ggf. Aufschrift „Evening Dose“). Jede Unterteilung beinhaltet 3 Tabletten (2 rosafarbene und 1 weiße).

Besondere Aufmerksamkeit erfordern Patienten mit mäßiger Nierenfunktionsstörung (eGFR ≥30 bis < 60 ml/min), weil sich hier die Dosierung von Paxlovid  ändert. Bei diesen Patienten werden nämlich nur 150 mg Nirmatrelvir und 100 mg Ritonavir alle 12 Stunden über 5 Tage empfohlen. Dies entspricht der Einnahme von lediglich 1 rosafarbenen und 1 weißen Tablette morgens und 1 rosafarbenen und 1 weißen Tablette abends, sodass pro Dosis jeweils 1 rosafarbene Tablette übrig bleibt.

Folgende weitere Punkte könnten ebenfalls einen Fehlgebrauch von Paxlovid begünstigen und zu Medikationsfehlern führen:

  • Patienten und Pflegepersonal, die kein Englisch sprechen bzw. verstehen, könnten Schwierigkeiten mit der richtigen Einnahme des Arzneimittels haben. Nach Auskunft des BfArM sind mittlerweile erste Lieferungen von Paxlovid mit deutschsprachiger Aufmachung und deutschsprachiger Produktinformation in Deutschland verfügbar. Diese Verpackungen werden sich nach und nach im Markt zeigen.
  • In der Gebrauchsinformation wird Nirmatrelvir kein einziges Mal erwähnt. Der Wirkstoff wird ausschließlich als PF-07321332 bezeichnet.
    Auch auf dem Blister sowie auf dem Umkarton werden die enthaltenen Wirkstoffe als PF-07321332 und Ritonavir angegeben. Dass PF-07321332 Nirmatrelvir entspricht, ist sicherlich selbst für Ärzte und Apotheker nicht sofort erkennbar, für Patienten möglicherweise sogar gar nicht.
  • Die „ungewöhnliche“ Verblisterung könnte Patienten und auch Pflegepersonal irritieren. In der Regel werden Wirkstoffe, die obligat zusammen eingenommen werden müssen, als Fixkombinationen vermarktet. Dabei sind zwei oder drei Wirkstoffe in einer einzelnen Tablette bzw. Kapsel verarbeitet.
  • Die Beschriftung mit „Morning Dose“ und „Evening Dose“ bzw. die Piktogramme “Sonne” und „Halbmond“ könnte Fehldosierungen (Unter- bzw. Überdosierung) begünstigen, wenn eine Einnahme vergessen wurde und nachgeholt werden soll. Um eine vergessene Dosis nachzuholen, gilt eine 8-Stunden-Frist. Keine Einnahme einer beispielsweise vergessenen abendlichen Dosis am Morgen danach, denn das wäre dann 12 Stunden später.
  • Paxlovid kommt vor allem bei Risikopatienten zum Einsatz. Die überwiegende Mehrheit dieser Patienten sind ältere Menschen mit vielen Erkrankungen und vielen zusätzlichen Medikamenten, die möglicherweise das komplizierte Einnahmeschema nicht befolgen können.
  • Bei der Behandlung mit Paxlovid sind zahlreiche Gegenanzeigen und Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln (z.B. Antiepileptika, Antiarrhythmika, Cholesterinsenker, Blutgerinnungshemmer) zu beachten, was die Behandlung gerade von Risikopatienten erschweren kann. 

Was ist zu tun?

Wenn Ihr Arzt Ihnen oder einer von Ihnen betreuten Person verordnet hat, sprechen Sie mit dem Arzt über bestehende Vorerkrankungen und unterrichten ihn über alle Medikamente, die zu deren Behandlung eingenommen werden. Lesen Sie die ausgehändigte deutsch-sprachige Gebrauchsinformation sorgfältig und halten ggf. Rücksprache mit dem Arzt oder auch dem Apotheker Ihres Vertrauens, falls noch Fragen zur Behandlung mit Paxlovid auftauchen sollten.

Achten Sie auf die regelmäßige Einnahme der verordneten Dosis im Abstand von jeweils 12 Stunden und beenden Sie die Einnahme erst nach 5 Tagen, es sei denn, es kommt zu Unverträglichkeitsreaktionen. In diesem Fall nehmen Sie bitte unverzüglich Kontakt zum behandelnden Arzt auf!

Außerdem: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Behandlung mit Paxlovid oder auch mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie das Instrument der **Rote-Hand-Briefe** und der Arzneimittelsicherheitsinformationen wirkungsvoll zeigt.

Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

Quelle: DSM vom 06.01.2023

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