Venclyxto (Venetoclax): Gefahr des Tumorlysesyndroms (TLS) bei Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL)

Venclyxto (Venetoclax): Gefahr des Tumorlysesyndroms (TLS) bei Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL)

Venclyxto (Venetoclax): Gefahr des Tumorlysesyndroms (TLS) bei Patienten mit chronisch lymphatischer Leukämie (CLL)

Rote-Hand-Briefe  – was ist das eigentlich?

Mit den sogenannten ”Rote-Hand-Briefen” informieren die Pharmahersteller medizinische Fachkreise, d.h. Ärzte und Apotheker, über neu entdeckte Arzneimittelrisiken, wie etwa über Erkenntnisse zu neuen Neben- und Wechselwirkungen sowie fehlerhaften Produkten, die die Sicherheit eines Arzneimittels betreffen. In unserer neuen Rubrik fassen wir für Sie die primär an Fachkreise gerichteten Rote-Hand-Briefe einfach und kompakt zusammen. So sind Sie als Patient immer bestens über neue sicherheitsrelevante Ereignisse informiert, die die Einnahme von Medikamenten betreffen.

Liebe Leserin, lieber Leser,

beachten Sie bitte unsere “patientenfreundliche” Fassung des Rote-Hand-Briefes vom 10. Juni 2021 zu Venclyxto (Venetoclax) Filmtabletten.

Worum geht es?

In Abstimmung mit der Europäischen-Arzneimittel-Agentur (EMA) und dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) informiert die AbbVie Deutschland GmbH & Co. KG über die aktualisierten Empfehlungen zum Tumorlysesyndrom (TLS) bei Patienten, die wegen ihrer chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) mit Venclyxto behandelt werden.

Was ist eine chronisch lymphatische Leukämie (CLL)?

Bei der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) handelt es sich um eine Form von Blutkrebs (Leukämie), dessen Ursprung in den lymphatischen Organen (Lymphknoten, Milz, Leber und Knochenmark) liegt (daher der Name „lymphatisch“). Dort werden die sogenannten B-Lymphozyten gebildet und ins Blut entlassen. Sie gehören zu den weißen Blutkörperchen (Leukozyten) und bilden Antikörper. Gemeinsam mit den T-Lymphozyten spielen sie eine wichtige Rolle in der Immunabwehr. Die bei der CLL durch krebsartige Vermehrung entstandenen B-Lymphozyten sind jedoch funktionslos und verdrängen durch ihre Überzahl die immunkompetenten Lymphozyten. Die Bezeichnung Leukämie stammt aus dem Griechischen; sie setzt sich aus den Worten „Leukos“ (weiß) und „Häm“ (Blut) zusammen und beschreibt den für alle Leukämien typischen Blutbefund: Das übermäßige Vorhandensein weißer Blutzellen (Leukozyten).

Die CLL ist die häufigste Form der Leukämie in Mitteleuropa und tritt vor allem in höherem Alter auf. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen.

Was ist das Tumorlysesyndrom (TLS)?

Krebszellen enthalten, wie auch normale Körperzellen, eine Vielzahl von Elektrolyten (Blutsalzen) und stoffwechselaktiven Verbindungen, wie beispielsweise Calcium, Kalium, Phosphat oder Harnsäure. Im Rahmen der Krebstherapie sorgen die Krebsmedikamente für eine massive Zerstörung der Krebszellen. Dadurch werden sehr viele Inhaltsstoffe der Krebszellen in den Körper freigesetzt und der körpereigene Stoffwechsel droht zu entgleisen. Dies kann lebensgefährliche Folgen wie Nierenversagen, Herzrhythmusstörungen oder Krampfanfälle haben und sogar bis zum Tod führen.

Das bedeutet, die Auflösung (Lyse) der zerstörten Krebszellen (der Tumor) kann für den Patienten sehr gefährlich werden und zu einem typischen Krankheitsbild führen (Syndrom).

Hintergrund des Rote-Hand-Briefes über Venclyxto (Venetoclax)

Venetoclax (der Wirkstoff der Venclyxto-Filmtabletten) ist zur Behandlung der chronisch lymphatischen Leukämie (CLL) zugelassen. Die Behandlung wird mit einer niedrigen Dosis von 20 mg täglich in der ersten Einnahmewoche begonnen und dann in wöchentlichen Schritten der Dosissteigerung auf 50 mg, 100 mg, 200 mg bis maximal 400 mg täglich erhöht. Die Anwendung von Venetoclax kann zu einer raschen Verringerung der Tumorlast führen und birgt somit insbesondere zu Beginn und während der Aufdosierungsphase ein TLS-Risiko bei allen CLL-Patienten. Das hat eine rasche Verringerung der Krebszellen zur Folge und birgt damit die Gefahr des Tumorlysesyndroms (TLS).

Selbst bei der niedrigsten Dosis von Venetoclax wurden tödlich verlaufende TLS-Fälle beobachtet. Das TLS-Risiko ist im Zusammenhang mit der Anwendung von Venetoclax bekannt. Wichtig ist daher die strikte Einhaltung der Maßnahmen, die das Risiko des Tumorlysesyndroms reduzieren sollen.

Was ist zu tun?

Der behandelnde Arzt muss vor der Anwendung von Venetoclax das individuelle TLS-Risiko beurteilen, eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung des Patienten sicherstellen und die Einnahme harnsäuresenkender Medikamente verordnen. Die Blutwerte des Patienten müssen engmaschig nach der ersten Dosis von Venclyxto und bei jeder Dosissteigerung überwacht werden und stellen die Handlungsgrundlage für Dosisanpassungen und weitere Maßnahmen dar. Bei der Beurteilung des individuellen TLS-Risikos eines Patienten sind neben der Tumorlast (Größe der Lymphknoten und die Anzahl der Lymphozyten im Blutbild) auch eine etwaige Einschränkung der Nierenfunktion und Vergrößerung der Milz (Splenomegalie) zu berücksichtigen.

Sie als Patient bekommen eine Patientenkarte ausgehändigt, die den Ärzten vom Hersteller AbbVie bereitgestellt wird. Auf dieser Karte sind neben der Bedeutung einer ausreichenden Flüssigkeitszufuhr (1,5 bis 2 Liter Wasser täglich und zwar bereits 2 Tage vor Behandlungsbeginn!) auch die Symptome des Tumorlysesyndroms (TLS) zu finden: wenn Sie solche Symptome bei sich feststellen, suchen Sie umgehend ärztliche Hilfe auf!
Unspezifische Hinweise können zunehmendes allgemeines Unwohlsein mit Übelkeit und  Appetitlosigkeit sein, im weiteren Verlauf können Muskelschwäche, Muskelkrämpfe und Herzrhythmusstörungen auftreten. Bei beginnendem Nierenversagen kommt es zu einer verminderten Harnausscheidung mit Wassereinlagerung ins Gewebe (Ödeme, auch im Gehirn, wodurch auch Krampfanfälle ausgelöst werden können).

Außerdem: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

Beobachten Sie Nebenwirkungen während der Einnahme von Venclyxto (Venetoclax) Filmtabletten oder anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie die **Rote-Hand-Briefe** wirkungsvoll zeigen.

Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungenzu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

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