Vitamin-D3-Überdosierung bei Säuglingen

Vitamin-D3-Überdosierung bei Säuglingen

Vitamin-D3-Überdosierung bei Säuglingen

Was sind Drug Safety Mails?

Drug Safety Mail oder zu Deutsch: Arzneimittel-Sicherheitsbrief ist der Name des Newsletters der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft. Sie werden regelmäßig veröffentlicht und enthalten – ähnlich wie die Rote-Hand-Briefe – aktuelle Informationen zu möglichen Risiken von Medikamenten. Um Ihnen die bestmögliche medizinische Aufklärung zu bieten, möchten wir Ihnen auch diese Informationen in einer patienten-freundlicheren Sprache zugänglich machen.

Liebe Patientin, lieber Patient,

lesen Sie hier unsere “patientenfreundliche” Fassung der Arzneimittelsicherheitsinformation der Arzeimittelkommission (AkdÄ) vom 05. September 2022 über die Folgen einer Vitamin- D3-Überdosierung bei einem Säugling.

Worum geht es?

Der AkdÄ wurde der Fall eines sieben Monate alten Säuglings gemeldet, der wegen Gewichtsabnahme (-7 % in drei Wochen), Austrocknung und Schläfrigkeit auf die Intensivstation aufgenommen wurde. Es bestanden ein ausgeprägtes Ungleichgewicht der Blutsalze (Elektrolyte): Kalium erhöht, Natrium erniedrigt, Kalzium erhöht sowie im Ultraschall sichtbar eine beginnende Verkalkung der Nieren (Nephrokalzinose). Es gab keinen Hinweis auf eine Störung der Nebennieren- und Schilddrüsenfunktion als mögliche Ursache.

Das Gespräch mit den Eltern ergab, dass der kleine Patient zwar anfänglich die ärztlich verordnete Vitamin-D-Prophylaxe mit 500 IE (internationale Einheiten) pro Tag (12,5 µg/d) erhalten hatte. Seit etwa fünf Monaten war auf Anraten von Freunden jedoch auf ein hochkonzentriertes Vitamin-D-haltiges Nahrungsergänzungsmittel umgestellt worden, das über das Internet bezogen wurde. Seitdem hatte der Säugling täglich etwa 40 Tropfen Vitamin D3 (ca. 40.000 IE entsprechend 1000 µg) erhalten. Der Vitamin-D-Spiegel im Blutserum war mit über 600 µg/l (Referenzbereich 20–70 µg/l) extrem erhöht. Es wurde die Diagnose einer ausgeprägten chronischen Vitamin-D-Vergiftung gestellt.

Hintergrundinformationen

Vitamin D ist ein Oberbegriff für verschiedene Substanzen. Dazu zählen das pflanzliche Ergocalciferol (Vitamin D2) sowie Cholecalciferol (Vitamin D3).

Vitamin D3 kommt in fetthaltigen Lebensmitteln tierischer Herkunft (klassisch in Lebertran, aber auch in fettem Fisch wie Makrele, Hering oder Lachs sowie in Eigelb) vor. Vitamin D3 kann unter Einwirkung von UV-Licht auch in der Haut gebildet werden. Vitamin D3 fördert die Aufnahme von Kalzium in Nahrungsmitteln aus dem Darm ins Blut und reguliert die Rückgewinnung von Kalzium in der Niere. Es ist wichtig für die Aufrechterhaltung der physiologischen Kalziumkonzentration im Blut und trägt zur Stabilität der Knochen bei.

Bei Erwachsenen kann ein Vitamin-D-Mangel zu Knochenerweichung (Osteomalazie) führen und eine Osteoporose begünstigen. Eine ausgewogene, richtig dosierte Vitamin-D-Zufuhr senkt das Risiko von Stürzen und Knochenbrüchen bei älteren Menschen. Bei Säuglingen und Kleinkindern kann es infolge von Vitamin-D-Mangel zu Rachitis kommen. Für alle Säuglinge in Deutschland wird daher zusätzlich zur Vitamin-D-Zufuhr mit Muttermilch oder Säuglingsnahrung eine zusätzliche Gabe von 400–500 IE Vitamin D3 pro Tag (10 –12,5 µg) bis zum zweiten erlebten Frühsommer empfohlen, also je nach Geburtszeitpunkt für die Dauer von 1–1,5 Jahren. Die Vitamin-D3-Gabe sollte kombiniert mit einer Fluoridprophylaxe zur Vorbeugung von Karies erfolgen. Als höchste sichere tägliche Zufuhr gelten bei Säuglingen 25–35 µg/d, wobei dieser Wert deutlich über dem eigentlichen physiologischen Bedarf liegt. Für ältere Kinder und Erwachsene gelten andere Werte.

Vitamin D3 wird nicht nur als Arzneimittel vertrieben, sondern auch als so genanntes Nahrungsergänzungsmittel. Die Arzneimittel dienen der Vorbeugung und Behandlung krankhafter Zustände (beispielsweise zur Vorbeugung und Behandlung eines Vitamin-D-Mangels, zur unterstützenden Behandlung der Osteoporose und zur Prophylaxe von Rachitis), während Nahrungsergänzungsmittel – wie ihr Name besagt – die allgemeine Ernährung ergänzen.

Eine langfristige Überdosierung von Vitamin D3 kann zu erhöhten Kalziumspiegeln im Blut (Hyperkalzämie) führen und potenziell lebensbedrohlich sein. Kalzium-Ablagerung in Gefäßen und Geweben, insbesondere der Niere, kann die Folge sein. Die Symptome können unspezifisch sein (z. B. gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Austrocknung, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen, Bewusstseinstrübung und Herzrhythmusstörungen).

Während Fertigarzneimittel mit einer Tagesdosis von über 25 µg (über 1000 IE) der Verschreibungspflicht unterliegen, sind Nahrungsergänzungsmittel in jeder Dosierung rezeptfrei erhältlich. Um versehentliche Überdosierungen durch hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel zu vermeiden, wären Höchstmengen für Vitamin D in Nahrungsergänzungsmitteln (beispielsweise auf 20 µg pro Tagesverzehrempfehlung für Jugendliche und Erwachsene) sinnvoll.

Was ist zu tun?

Für Säuglinge ist die zusätzliche Gabe von Vitamin D3, am besten in Kombination mit Fluorid zur gleichzeitigen Vorbeugung von Rachitis und Karies in den ersten 12 bis 18 Lebensmonaten sinnvoll, denn sowohl die Muttermilch als auch die Ersatzmilch und sonstige Säuglingsnahrung enthalten keine ausreichenden Mengen an Vitamin D, um einen gesunden Knochenaufbau des Kindes zu gewährleisten.

Bitte verwenden Sie nur das von Ihrem Kinderarzt empfohlene Arzneimittel in der verordneten Dosierung. Diese beträgt 400 bis 500 IE (internationale Einheiten), was einer täglichen Zufuhr von 10 – 12,5 µg Vitamin D3 entspricht.

Hochkonzentrierte Flüssigzubereitungen von Vitamin D3 sollten wegen der Gefahr einer versehentlichen Überdosierung bei Säuglingen und Kleinkindern vermieden werden.

Sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen sollten Vitamin-D3-haltige Arzneimittel nur bei bestehender medizinischer Notwendigkeit und im Einklang mit der Produktinformation angewendet werden. Hohe Dosierungen Vitamin-D3-haltiger Präparate können vorübergehend erforderlich sein, wenn Ihr Arzt bei Ihnen beispielsweise einen zu niedrigen Vitamin-D-Spiegel im Blut festgestellt hat. Durch die Gabe hochdosierter Vitamin-D-Präparate (z.B. 20.000 IE täglich) kann ein Vitamin-D-Mangel rasch ausgeglichen werden. Ist eine länger dauernde Einnahme erforderlich, sind Nierenfunktion und Kalziumspiegel im Blut zu kontrollieren. Nach der Normalisierung des Vitamin-D-Spiegels kann die tägliche Vitamin-D-Menge auf eine Erhaltungsdosis verringert werden. 

Nahrungsergänzungsmittel dienen, wie ihr Name schon sagt, lediglich zur Ergänzung der allgemeinen Ernährung. Die darin enthaltene Vitamin-D-Menge sollte nicht mehr als 800 – 1000 IE pro Tag (20 – 25 µg) betragen.

Außerdem: Melden Sie Ihre Nebenwirkung!

Beobachten Sie Nebenwirkungen unter der Behandlung mit einem Vitamin D-haltigen Arzneimittel  oder auch mit anderen Medikamenten, sollten Sie diese umgehend melden. Oftmals reichen wenige Meldungen aus, um die Öffentlichkeit über schwere Vorkommnisse zu informieren und Beipackzettel zu aktualisieren, wie das Instrument der **Rote-Hand-Briefe** und der Arzneimittelsicherheitsinformationen wirkungsvoll zeigt.

Unser Meldeservice bietet Ihnen hierfür die einfache und schnelle Möglichkeit, Nebenwirkungen zu melden, ohne dabei Ihre Identität preiszugeben. Zudem können Sie Ihren Arzt oder Apotheker in die Meldung einbinden. Mit jeder Meldung tragen Sie aktiv zur Verbesserung der Arzneimittelsicherheit bei, indem eine bessere Informationsbasis für die zukünftige Verordnung von Arzneimitteln geschaffen wird.

Quellen: AkdÄ Newsletter vom 05.09.2022

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