Schwerpunkt Impfungen (1): Welche Impfstoffe gibt es?

Das Thema Impfungen ist in der heutigen Zeit so präsent wie noch nie zuvor. Daher ist es umso wichtiger, das Grundprinzip einer Impfung sowie die möglichen Nebenwirkungen zu verstehen. Im ersten Teil dieser Serie geht es um die verschiedenen Impfstofftypen und wie diese im menschlichen Körper wirken.

Es gibt viele Arten von Impfstoffen, das Grundprinzip bleibt jedoch immer das gleiche: der Impfstoff löst nach der Verabreichung eine Immunreaktion aus. Darunter ist zu verstehen, dass das Immunsystem auf den Krankheitserreger reagiert, diesen bekämpft und sich im Anschluss merkt, wie der Erreger zu bekämpfen ist. Diese Strategie wird dann abgespeichert, sodass das Immunsystem in einer nachfolgenden Infektion mit dem echten Krankheitserreger bestens vorbereitet ist – die Abwehr erfolgt schneller und effektiver, sodass der Patient meistens gar nicht an der Krankheit erkrankt. Diese Immunreaktion ist in vielen Fällen ein paar Tage vom Patienten spürbar („Impfreaktion“). 1,2

Erste Impfungen hatte es in China bereits im 16. Jahrhundert gegeben, um sich vor den verheerenden Pockenepidemien zu schützen. Hierbei schnupfte man zerriebenen Schorf der Pockenpusteln. In Indien dagegen wurde dieses Material in die Haut eingeritzt. Die vorbeugende Ansteckung mit geringen Mengen von Pockenviren (lateinisch Variola) wurde als Variolation bezeichnet. In England machten Landärzte im 18. Jahrhundert die Beobachtung, dass Menschen nach einer durchgemachten Infektion mit den weniger gefährlichen Kuhpocken (lateinisch Varicella – „kleine Pocken“) vor einer Erkrankung an den echten Pocken geschützt waren. Vor allem der Landarzt Dr. Edward Jenner führte hierzu systematische Untersuchungen durch. Er nannte den Impfstoff, den er aus den Pusteln erkrankter Kühe gewonnen hatte, „vaccine“ (abgeleitet von lateinisch Vacca – die Kuh); die Impfung mit diesem Serum wurde als „vaccination“ bezeichnete. Dieser Begriff steht im Englischen heute immer noch für die Schutzimpfung einer gesunden Person mit abgeschwächten oder inaktivierten Krankheitserregern. Im Jahr 1807 wurde in Bayern als weltweit erstem Land eine Impfpflicht eingeführt. Diese wurde im Jahr 1874 durch das Reichsimpfgesetz für alle im 1871 gegründeten Deutschen Reich lebenden Menschen verbindlich.

Bei den heutzutage verfügbaren Impfstoffen gibt es inzwischen verschiedene Arten. Neben den Lebendimpfstoffen, die auf Dr. Jenners Prinzip der Vakzination beruhen, gibt es auch Totimpfstoffe sowie die sehr modernen genbasierten mRNA- und Vektor-Impfstoffe. Im Folgenden gehen wir auf diese 4 Impfstoffarten ein.

Lebendimpfstoffe (z.B. Masern, Mumps, Röteln, Windpocken)

Wie der Name schon vermuten lässt, enthalten Lebendimpfstoffe tatsächlich den vermehrungsfähigen Krankheitserreger. Dieser wurde allerdings so abgeschwächt, dass die Krankheit selbst nicht mehr ausgelöst werden kann. Nur in äußerst seltenen Fällen reagiert die geimpfte Person mit einer körperlichen Reaktion, die der Krankheit selbst ähneln kann („Impfkrankheit“). Am bekanntesten sind hierbei die Impfmasern: ein nicht ansteckender, masernähnlicher Ausschlag, der einige Wochen nach der Masernimpfung auftreten kann. Grundsätzlich ist der Körper durch die Verabreichung des abgeschwächten Krankheitserregers in der Lage, eine gezielte Immunabwehr zu bilden. Falls sich der geimpfte Mensch nun mit dem echten Erreger infiziert, kommt es nicht mehr zum Ausbruch der Krankheit. 2,3

Totimpfstoffe (z.B. Grippe, Hepatitis, Tetanus, Diphterie 

Totimpfstoffe enthalten vermehrungsunfähige, abgetötete Krankheitserreger oder deren Giftstoffe (Toxoidimpfstoffe) bzw. nur noch Bestandteile der Krankheitserreger (sog. Spaltvakzine). Das reicht allerdings aus, um bei der Verabreichung eine körperliche Immunreaktion hervorzurufen. Die Krankheit selbst kann bei den Geimpften nicht mehr ausbrechen. Totimpfstoffe lösen aber in der Regel eine schwächere Immunantwort als Lebendimpfstoffe aus, weshalb sie in regelmäßigen Abständen wiederholt werden müssen. 2,3

mRNA Impfstoffe (z.B. COVID-19 Impfstoff von BioNTech/Pfizer)

Die mRNA-Impfstoffe zählen zu den genbasierten Impfstoffen. Um diese Impfung zu verstehen ist es wichtig, die Aufgabe der mRNA im menschlichen Körper zu kennen.

Die mRNA („messengerRNA“) liefert der menschlichen Zelle den Bauplan für Eiweiße (Proteine), die im Körper an allen wichtigen Stoffwechselprozessen beteiligt sind. Die mRNA ist klar von dem Erbgut (DNA) abzugrenzen und lässt sich im menschlichen Körper weder in die DNA einbauen noch dazu umwandeln. Unsere Körperzellen lesen ständig mRNA aus, um die lebenswichtigen, körpereigenen Eiweiße in Dauerschleife herstellen zu können.

Im Falle eines mRNA-Impfstoffes enthält die verabreichte mRNA den Bauplan für Erreger-Eiweiße. Wird dieser Impfstoff verabreicht, lesen die Körperzellen die mRNA aus und produzieren die darin festgelegten Erregerbausteine. Für die Zellen selbst sind diese hergestellten Bausteine allerdings fremd, da sie nicht körpereigen sind. Daher wird das Erreger-Eiweiß an die Zelloberfläche transportiert, damit das Immunsystem diese fremden Bausteine erkennt und darauf reagieren kann.

Demnach ist der hauptsächliche Unterschied von mRNA-Impfstoffen zu den Lebend- und Totimpfstoffen, wie die Erregerbestandteile in den menschlichen Körper gelangen. Bei Lebend- oder Totimpfstoffen werden die Erregerbestandteile direkt verabreicht, im Fall eines mRNA-Impfstoffes wird nur der Bauplan des Erregers oder wesentlicher Eiweißbestandteile des Erregers verabreicht – der Körper stellt die Fremdeiweiße im Anschluss selbst her. Die mRNA selbst, also der Bauplan, wird innerhalb kürzester Zeit wieder abgebaut, sodass nicht fortlaufend Virus-Bestandteile hergestellt werden. 2,3

Vektorimpfstoffe (z.B. COVID-19 Impfstoff von AstraZeneca)

Bei Vektorimpfstoffen wird, ähnlich wie bei den mRNA Impfstoffen, nur der Bauplan des Erregers oder wesentlicher Eiweißbestandteile des Erregers in den menschlichen Körper eingeschleust und nicht der Erreger selbst. Dies geschieht aber nicht durch mRNA, sondern durch harmlose, nicht krankmachende Trägerviren (Vektoren).

In das Erbgut dieser Vektorviren wird gentechnisch im Labor der Bauplan für Eiweißbestandteile krankmachender Erreger übertragen. Die so veränderten Vektorviren werden dann dem menschlichen Körper in Form einer Impfung verabreicht. Diese Viren sind nicht krankmachend, aber in der Lage, an der Oberfläche der Körperzelle anzudocken und ihre Baupläne in das Zellinnere zu entlassen. Die Körperzelle beginnt daraufhin, die Eiweißbestandteile des krankmachenden Erregers zu produzieren. Genauso wie bei den mRNA-Impfstoffen werden die produzierten Eiweiße als „fremd“ erkannt, was letztendlich dazu führt, dass das Immunsystem aktiviert wird und der Körper Abwehrstoffe bildet.

Grundsätzlich hilft jeder dieser 4 Impfstofftypen bei dem langfristigen Ziel der Eindämmung der Verbreitung von Krankheiten. Angesichts der Corona-Pandemie ist das Thema Impfungen von besonderem öffentlichen Interesse und Aufklärung war auch noch nie so notwendig wie gerade jetzt: nur so ist es möglich, sich eine Meinung zu bilden. 3,4

In Teil 2 dieser Serie zum Thema Impfungen wird es um die Erläuterung und Abgrenzung der Begriffe Impfreaktion, Impfkomplikation und einem Impfschaden gehen.

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Glossar

  • RNA = Ribonucleic acid (deutsch: RNS = Ribonukleinsäure)
  • mRNA = Messenger RNA (deutsch Boten-RNS)
  • DNA = Deoxyribonucleic acid (deutsch DNS = Desoxyribonukleinsäure; Erbinformation in allen Zellkernen)
  • DNA = Deoxyribonucleic acid (deutsch DNS = Desoxyribonukleinsäure; Erbinformation in allen Zellkernen

Quellen

[1] Robert Koch Institut (18.01.21). Impfen. Abgerufen Mai 2021, von https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Impfen/ImpfungenAZ/ImpfungenAZ_node.html;jsessionid=714B72FE3AE7702EFFCEF00B9383D2AC.internet071

[2] Redaktion Gesundheitsportal (26.03.21). Die verschiedenen Arten von Impfstoffen. Abgerufen Mai 2021, von https://www.gesundheit.gv.at/leben/gesundheitsvorsorge/impfungen/impfstoffarten

[3] Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Welche unterschiedlichen Impfstoffe gibt es?. Abgerufen Mai 2021, von https://www.impfen-info.de/wissenswertes/impfstoffe.html

[4] Feichter, M (11.05.21). Vektorimpfstoffe. Abgerufen Mai 2021, von https://www.netdoktor.de/impfungen/vektorimpfstoffe/

 

 

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