Medikamente können zu Lungenschäden führen
Die medikamenteninduzierte interstitielle Lungenerkrankung (englisch Drug-induced interstitial lung disease, kurz DIILD) ist eine Nebenwirkung oder Wechselwirkung, die durch ein Medikament oder die Kombination verschiedener Präparate entstehen kann. Sie zeigt sich als Ergebnis vieler Wirkstoffe, aber das Risiko wird oft erst deutlich, wenn diese Wirkstoffe zum Verkauf zugelassen sind. In einer systematischen Untersuchung haben die Forscher versucht, die aktuelle Literatur zu dieser Problematik zu bewerten. Dazu führten sie einen sogenannten Review durch, sie analysierten also zahlreiche Studien und fassten deren Ergebnisse bezüglich der Nebenwirkung oder Wechselwirkung zusammen.
Nach einer Qualitätsbewertung wurden 156 Volltextartikel mit mehr als 6.000 Fällen der Erkrankung in die Bewertung einbezogen. Krebsmedikamente, gefolgt von rheumatologischen Medikamenten, Amiodaron und Antibiotika, waren die häufigsten Ursachen für DIILD. In einigen Studien wurden Sterblichkeitsraten von mehr als 50% berichtet. Glukokortikoide wurden häufig zur Behandlung der Lungenerkrankung verwendet, aber keine prospektiven Studien untersuchten ihren Einfluss auf die Ergebnisse. Traurige Bilanz: Insgesamt mangelt es an qualitativ hochwertigen Erkenntnissen über das Syndrom. Es ist aber klar, dass viele Medikamente die Lunge schädigen können und wie diese einmal entstandenen Schäden zu behandeln sind, ist nicht genau erforscht.
Studie fand Sterblichkeitsraten von mehr als 50%
Der Begriff interstitielle Lungenerkrankung bezieht sich auf eine heterogene Gruppe von Lungengewebserkrankungen, welche die Alveolarstruktur beeinträchtigen. Die Alveolarstruktur umfasst die Lungenbläschen – dünne Hohlbeutel, welche die Atemwege verlängern und wo der Gasaustausch mit dem Blut stattfindet. Die Erkrankung kann zu Schwierigkeiten beim Atmen führen, Entzündungen hervorrufen und auch eine Fibrose zur Folge haben. Hierbei kommt es zu einer krankhaften Vermehrung von Bindegewebe in der Lunge, was deren Funktion einschränkt.
Die medikamenteninduzierte interstitielle Lungenerkrankung tritt auf, wenn die Einnahme eines Medikaments eine Entzündung und möglicherweise eine Fibrose des Gewebes in der Lunge verursacht. Mehr als 350 Medikamente können die Erkrankung verursachen, aber diese Zusammenhänge werden oft erst zu einem späten Zeitpunkt in der Entwicklung oder nach der Markteinführung des Medikaments erkannt.
Mehr als 350 Medikamente können die Erkrankung verursachen
Die Wissenschaftler haben eine systematische Überprüfung von Beobachtungsstudien in Übereinstimmung mit den PRISMA (Preferred Reporting Items for Systematic Reviews and Meta-Analyses) durchgeführt. Sie griffen also auf eine Datenbank an medizinischen Studien zurück und haben deren Ergebnisse nach bestimmten Richtlinien (Konsensusrichtlinien) zusammengefasst. Ihr Ziele waren es:
1. die Häufigkeit und Prävalenz der Lungenerkrankung zu bestimmen,
2. gemeinsame verursachende Medikamente zu identifizieren,
3. Risikofaktoren für die Erkrankung zu benennen,
4. bildgebende und nicht-bildgebende Tests zur Beurteilung und Diagnose zu vergleichen,
5. Subtypen zu unterscheiden,
6. den Einfluss der Glukokortikoidbehandlung (Cortison) auf die Ergebnisse zu messen und
7. eine Prognose für die Erkrankung zu definieren.
Krebs- und Rheuma-Medikamente sind besonders an Lungenerkrankungen beteiligt
Im Ergebnis zeigte sich, dass die Erkrankung schwierig zu diagnostizieren ist und eine CT-Bildgebung erfordert. Präparate, die eine Rolle bei der Entstehung der Lungenerkrankung spielen, sind insbesondere in Krebs- und Rheuma-Medikamente. Risiken und Nebenwirkungen für die Lunge hatten in den einbezogenen Studien unter anderem die Krebsmedikamente Bleomycin, Gemcitabin, Erlotinib, Gefitinib und Panitumumab sowie Chemo-Therapeutika wie Granulocyt colony stimulating factor. Auch Rheuma-Mittel wie Methotrexat und das Medikament Leflunomid können die Lunge schädigen. Darüber hinaus wurden die bedrohlichen Risiken für die Lungenbläschen bei Mitteln wie Amiodaron, Statinen, Nitrofurantoin, Daptomycin und dem Medikament Interferon gefunden. Diese Medikamente kommen bei Infektionen (als Antibiotikum), Hepatitis C oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Einsatz.
Nebenwirkungen durch Medikament: Bewusstsein der Ärzte muss geschärft werden
In einigen der einbezogenen Studien wurde eine Sterblichkeit von über 50% benannt. Insgesamt starben 25% der untersuchten Patienten an der Lungenerkrankung – eine erschreckende Zahl. Experten gehen davon aus, dass viele Patienten betroffen sind, die Erkrankung aber häufig nicht korrekt erkannt wird. Sie fordern die Entwicklung besserer bildgebender Verfahren, um diese Risiken schneller zu erkennen. Auch die Ärzte müssen im Blick behalten, dass einige Medikamente die Lunge schädigen können und sollten auf entsprechende Symptome bei ihren Patienten achten.
Melden Sie auch Ihre Nebenwirkungen
Sollten Sie auch eine Nebenwirkung bei sich oder Ihren Mitmenschen beobachten, sollten Sie diese in jedem Fall melden. Sie können dies hier einfach, schnell und vertraulich vornehmen. Auf Wunsch können Sie dabei Ihren Arzt oder Apotheker dabei in Kenntnis setzen.